Pentagon Verschlusssache Folterfotos
Washington - US-Vizepräsident Dick Cheney sagte am Dienstag in Washington, eine Veröffentlichung würde nur die Sensationsgier der Medien bedienen. Für den Senat sei eine Regelung getroffen worden. Den Volksvertretern sei es erlaubt, die Fotos und Filmaufnahmen am Mittwoch drei Stunden lang in einem abgeschlossenen Raum im Kapitol einzusehen.
Die Regelung sieht vor, dass die Senatoren keine Kopien des Materials anfertigen dürfen, wie der Vorsitzende des Streitkräfteausschusses, John Warner, mitteilte. Anschließend gehen die Dokumente wieder an das Verteidigungsministerium zurück. Sie wurden am Montag auch US-Präsident George W. Bush gezeigt, der danach Abscheu über die Vorfälle äußerte.
Cheney sagte, bei der Entscheidung über eine Veröffentlichung neuer Fotos müsse auch die Sicherheit der Soldaten im Irak berücksichtigt werden. Einen endgültigen Beschluss habe das Weiße Haus aber noch nicht gefasst.
Zum Abschluss einer eintägigen Anhörung in der Folteraffäre, die Ende April durch Medienberichte bekannt wurde, sagte Warner, einige der Fotos mit Misshandlungen seien den Familien von Gefangenen gezeigt worden, um diese unter Druck zu setzen. Dazu habe auch ein Foto gehört, das einen Gefangenen zeigt, dem Damenunterwäsche über den Kopf gezogen war. Ziel sei es gewesen, die Häftlinge zur Enthüllung von Informationen zu veranlassen, sagte Warner.
Bei den Beratungen im Senat lag den Abgeordneten der 6000 Seiten umfassende Bericht des Generalmajors Antonio Tabuga vor. Darin werden zahlreiche "sadistische, abscheuliche und mutwillig kriminelle Missbräuche" im Gefängnis von Abu Ghureib bei Bagdad festgestellt.
In der Anhörung des Senats wurde deutlich, dass es erhebliche Meinungsverschiedenheiten über die letzte Verantwortung für die Zustände in Abu Ghureib gibt. Nach Angaben Tagubas hatte der militärische Geheimdienst der USA auch die Aufsicht über die Militärpolizisten, die mit der Häftlingsaufsicht beauftragt waren.
Der Staatssekretär für Geheimdienstfragen im US-Verteidigungsministerium, Stephen Cambone, bezeichnete dies jedoch als unrichtig. Die Verantwortung für die Behandlung der Häftlinge sei allein bei der Militärpolizei geblieben. Mehrere der sieben bislang angeklagten Aufseher von Abu Ghureib haben angegeben, dass sie der Auffassung gewesen seien, Anweisungen von Mitarbeitern des Militärgeheimdienstes auszuführen, die Gefangenen vor Verhören gefügig zu machen.
Der Senator Carl Levin befragte Taguba, ob er die Auffassung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) teile, wonach die Misshandlungen Teil einer systematischen Praxis gewesen seien. "Ja", antwortete der General, "gemessen an den Beweismitteln, die uns vorgelegt wurden und was wir zusammengetragen und geprüft haben." Die noch andauernden Ermittlungen ergaben nach Angaben Tagubas bisher, dass sieben Militärpolizisten und bis zu 17 ihrer Vorgesetzten direkt oder indirekt an den Misshandlungen beteiligt waren.