Poker mit Nordkorea und Iran Trump ist jetzt voll und ganz Trump

Der US-Präsident brüskiert Verbündete und setzt in der Außenpolitik nur noch auf das Motto "America First". Berater, die ihn davon abhalten könnten, gibt es nicht mehr.
Donald Trump

Donald Trump

Foto: SAUL LOEB/ AFP

Donald Trump hat gute Laune. Wo immer der US-Präsident in diesen Tagen vor die Fernsehkameras tritt, verbreitet er Optimismus und Tatendrang.

Mal lobt er seinen Außenminister Mike Pompeo überschwänglich für dessen jüngste Nordkorea-Mission und die Freilassung von drei Amerikanern aus den Händen des Regimes. Dann wieder freut er sich über die Nominierung für den Friedensnobelpreis.

Ob er denn glaube, dass er den Nobelpreis verdiene, will ein Reporter im Weißen Haus von Trump wissen. Seine fröhliche Antwort: "Jeder denkt das - aber ich werde dazu nichts sagen."

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Donald Trump sieht sich selbst auf der Erfolgsspur. Der Abschied aus dem Iran-Abkommen und die Aussicht, vielleicht schon bald einen historischen Deal mit Nordkorea abschließen zu können, beflügeln den Präsidenten. Während viele Europäer über die Alleingänge dieses Präsidenten nur den Kopf schütteln und auch in den USA etliche Bürger an seiner disruptiven Außenpolitik verzweifeln, glaubt Trump fest daran, genau das Richtige zu tun.

Ja, man könnte sogar sagen, Trump ist mit sich im Reinen. Erstmals in seiner Amtszeit scheint seine Politik klar dem Ansatz zu entsprechen, den er im Wahlkampf stets versprochen hatte: "America First". Berater, die ihn zu einem vorsichtigeren Kurs in der Außenpolitik überreden könnten, gibt es nicht mehr. Seit der Präsident moderate Experten wie Gary Cohn, H.R. McMaster oder Rex Tillerson aus seiner Regierung gedrängt hat, fehlt ein Korrektiv im Weißen Haus.

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Trump ist jetzt voll und ganz Trump. Auch Tochter Ivanka und Schwiegersohn Jared Kushner, denen lange mäßigender Einfluss auf das Familienoberhaupt nachgesagt wurde, sind praktisch von der Bildfläche verschwunden. Nun geben im Hintergrund der neue Sicherheitsberater John Bolton und Außenminister Mike Pompeo den Ton an. Wie ihr Präsident glauben diese "Falken" fest daran, dass Amerika dazu berufen ist, vor allem eigene Interessen zu verfolgen, und dass sie die Welt so gestalten können, wie es ihnen passt.

Andere Staaten nehmen in diesem Spiel lediglich eine Statistenrolle ein: Sie haben Amerikas Kurs möglichst ohne Murren zu unterstützen. Wer nicht mitzieht, wird, wie die Europäer, ignoriert oder schlimmstenfalls zum Gegner und Feind erklärt. "Ich glaube, dass wir jetzt eine einhundertprozentige Trump-Phase in der Außenpolitik erreichen - mit viel Lärm, viel Tempo und vielen Risiken", analysiert die Stanford-Expertin Amy Zegart in der "New York Times" .

Trumps Plan

Trumps Kalkül ist sowohl im Fall Nordkorea als auch im Poker mit Iran relativ simpel: Nach seiner Einschätzung kann Amerika im Umgang mit diesen Staaten nur dann die Oberhand gewinnen, wenn es Stärke, Entschlossenheit und Macht demonstriert. Ähnlich wie in Nordkorea sind für ihn harte Sanktionen das beste Mittel, um zum Erfolg zu kommen. Seine Strategen nennen das eine "Maximum Pressure Campaign".

Indes: Der Beweis, dass sich Trump so am Ende sowohl gegen Nordkorea als auch gegen Iran durchsetzt, steht noch aus. Sein Ziel ist es, mit einem spektakulären Durchbruch bei den Nordkorea-Verhandlungen im Juni alle Kritiker und Nein-Sager in den USA und unter den Verbündeten von der Genialität seines Vorgehens zu überzeugen. Wenn erst einmal Nordkorea klein beigegeben hat und seine Atomwaffen zerstört, wird auch das Iran-Problem einfacher zu lösen sein, lautet offenkundig der Plan.

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Klar ist: Trumps Erwartungsmanagement ist ein Problem. Er setzt sich mit seiner Taktik selbst unter enormen Druck, zu einem schnellen, spektakulären Abschluss zu kommen. Kim Jong Un dürfte das freuen, denn er hat so einen weiteren Hebel in der Hand, um Zugeständnisse der USA durchzusetzen.

Ob der Deal für Korea dann so großartig wird, wie Trump verspricht, ist eine ganz andere Frage. Am Ende könnte das Abkommen mit Kim Jong Un dem Atom-Deal mit Iran, den Trump gerade gekündigt hat, womöglich sehr ähnlich sein. Trump würde ihn dann aber mit Sicherheit trotzdem als Jahrhundertwerk feiern, schlicht, weil er seinen Stempel trägt - und nicht den von Barack Obama.

Auf jeden Fall ist Trumps Taktik eine Rechnung mit vielen Unbekannten. Weder ist bislang ausgemacht, ob Trump in dem auf maximal zwei Tage angesetzten Korea-Gipfel im Juni einen Durchbruch erzielen kann, noch gibt es eine Garantie dafür, dass Iran unter dem Druck der Sanktionen zu neuen Verhandlungen mit den USA bereit ist. Genauso denkbar wäre es, dass die Nordkorea-Verhandlungen kein überzeugendes Ergebnis hervorbringen und Iran sein Atomprogramm innerhalb der nächsten Wochen wiederaufnimmt.

Trumps größter Feind

Einen Plan B, was dann zu tun ist, hat Trump nicht. Und selbst wenn ihm in Nordkorea ein halbwegs passabler Deal gelingen sollte, ist nicht sicher, dass seine Taktik auch gegenüber Iran funktioniert. Anders als im Fall von Nordkorea scheinen bei Iran weder die Chinesen noch die Europäer bereit zu sein, Trumps Sanktionspläne mitzutragen.

So ist Trumps größter Feind am Ende womöglich die Zeit: Wenn schnelle Erfolge ausbleiben und die Verhandlungen mit Gegnern wie Verbündeten immer komplizierter werden, wird er sich auch von seinen Unterstützern die Frage gefallen lassen müssen, ob sein Ansatz überhaupt der richtige ist. Der Rückenwind, den er nun verspürt, könnte abflauen.

Hinzu kommt die Gefahr, dass eine Regierung, die sich mit so vielen Ländern gleichzeitig anlegt, bald überfordert sein könnte und zu gar keinen Lösungen mehr kommt. Iran, Nordkorea, der Handelsstreit, Syrien - die Liste der akuten Probleme sei lang, der politische Prozess undiszipliniert, sagt Stanford-Expertin Zegart. "Die Wahrscheinlichkeit eines politischen Zusammenbruchs ist größer als die eines politischen Durchbruchs."

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