Kritik der katholischen Kirche Polen erlaubt künstliche Befruchtung

Acht Jahre wurde gestritten, jetzt hat Polens scheidender Präsident Komorowski das In-vitro-Gesetz in Kraft gesetzt. Katholiken dürften die künstliche Befruchtung nicht anwenden, erklärten die Bischöfe.
Präsident Komorowski: "Dieses Gesetz wird von der großen Mehrheit der Polen erwartet"

Präsident Komorowski: "Dieses Gesetz wird von der großen Mehrheit der Polen erwartet"

Foto: Franck Robichon/ picture alliance / dpa

Der polnische Präsident Bronislaw Komorowski hat nach jahrelangem Streit ein Gesetz zur künstlichen Befruchtung unterzeichnet. Bisher gab es keine rechtliche Regelung für das In-vitro-Verfahren. "Dieses Gesetz wird von der großen Mehrheit der Polen erwartet, darum habe ich es unterzeichnet", sagte Komorowski, der am 6. August sein Amt an den Konservativen Andrzej Duda übergibt.

Eine Einschränkung machte der scheidende Staatschef allerdings: Er werde einen Punkt des Gesetzes dem Verfassungstribunal zur Prüfung weiterleiten, sagte er. "Ich bin nicht der Präsident der menschlichen Gewissen", sagte Komorowski angesichts der Appelle des polnischen Episkopats, das Gesetz nicht zu unterzeichnen.

Rund eineinhalb Millionen Paare betroffen

Komorowksi bedauerte die emotional geführte und "schädliche Debatte im Parlament, die verletzend für betroffene Familien war". Sie sei mehr von Ideologie als von der Suche nach Lösungen für ungewollt kinderlose Paare geprägt gewesen. Rund eineinhalb Millionen Paare in Polen können nicht auf natürlichem Weg Kinder bekommen.

Vertreter der liberalkonservativen Regierungspartei Bürgerplattform (PO) und der linken Opposition sprachen von einem "großen Tag für Polen". Die nationalkonservative Oppositionspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) forderte hingegen, das Gesetz müsse geändert werden, um "Leben zu schützen".

Die katholische Bischofskonferenz reagierte mit "tiefer Enttäuschung". In einer Stellungnahme erklärten die Bischöfe, Katholiken dürften das In-vitro-Verfahren nicht anwenden. Bischöfe wie der Stettiner Erzbischof Andrzej Dziega sprechen von einem "verbrecherischen Gesetz". Der Krakauer Kardinal Stanislaw Dziwisz nannte das Gesetz "unvereinbar mit dem Christentum".

Bis zu sechs Embryonen können eingefroren werden

Seit acht Jahren war das Gesetz geplant gewesen, seitdem wurde es zum Teil heftig diskutiert. Gemäß der neuen Verordnung haben verheiratete und unverheiratete Paare gleichermaßen Anspruch auf künstliche Befruchtung sowie auf Erstattung der Kosten durch die Krankenkassen.

Bisher wurden In-vitro-Verfahren nur in Privatkliniken durchgeführt, es gab keine Erstattung der Kosten durch Krankenkassen. Nach dem neuen Gesetz haben Paare Zugang zu In-vitro-Befruchtung, wenn andere Methoden mindestens zwölf Monate erfolglos bleiben.

Bis zu sechs Embryonen können eingefroren und aufbewahrt werden. Der Handel ebenso wie die Vernichtung von Embryonen sind verboten und können mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden. Überschüssige Embryonen können aber anonym an andere Paare zur Adoption gegeben werden.

Das Verfassungsgericht muss nun prüfen, ob Ei- oder Samenzellen etwa Koma-Patienten entnommen werden dürfen, die ihren Willen nicht äußern können, deren Partner oder Partnerin aber dennoch gemeinsamen Nachwuchs will.

heb/dpa/AFP
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