Polnisches Parlament Opposition erzwingt Sitzungsunterbrechung

Die Regierung in Polen will die Arbeit von Journalisten im Parlament erschweren. Mehr als 20 Medien und die Opposition wehren sich.
Oppositionspolitikerin Kornelia Wroblewska

Oppositionspolitikerin Kornelia Wroblewska

Foto: Marcin Obara/ dpa

Aus Protest gegen eine geplante Einschränkung der Berichterstattung haben mehr als 20 polnische Medien eine Parlamentssitzung boykottiert. Die geplante Neuregelung sieht vor, dass Journalisten künftig keine Fotos oder Videos mehr im Plenarsaal machen dürfen. Damit wäre es nicht länger möglich, Regelverstöße von Abgeordneten zu dokumentieren.

Rund 30 Oppositionsabgeordnete solidarisierten sich mit den protestierenden Journalisten und riefen "Demokratie!" und "Freie Medien". Der Parlamentspräsident ließ die Parlamentssitzung daraufhin für eine Stunde unterbrechen. Zuvor war ein Oppositionsabgeordneter ausgeschlossen worden, nachdem er mit einem Schild mit der Aufschrift "Freie Medien im Parlament" ans Rednerpult getreten war.

Bereits am Donnerstag hatten Dutzende Journalisten vor dem Parlamentsgebäude in Warschau demonstriert. In einem offenen Brief an beide Parlamentskammern forderten sie, die Neuregelung zu stoppen. Deren einziger Effekt sei es, "dass die Politiker den Journalisten leichter aus dem Weg gehen können", hieß es darin.

Die neue Regelung sieht vor, dass künftig nur noch der offizielle Videodienst des Parlaments Bilder aus dem Plenarsaal verbreiten darf. Journalisten sollen in einem Pressezentrum in einem anderen Gebäude untergebracht werden, sodass sie den Abgeordneten nicht mehr über den Weg laufen. Außerdem sollen pro Redaktion nur noch zwei Korrespondenten ins Parlament gelassen werden.

"Die Regierenden wollen unangenehmen Fragen ausweichen", kritisierte Jaroslaw Kurski, stellvertretender Chefredakteur der "Gazeta Wyborcza". Polens Ombudsmann für Bürgerrechte, Adam Bodnar, sagte, Journalisten müsse der Zugang zu Informationen gewährleistet werden.

Die nationalkonservative Regierung in Polen hat seit ihrem Amtsantritt vor rund einem Jahr eine Reihe von Reformen umgesetzt, die nicht nur von der Opposition des Landes, sondern auch von der EU als Einschränkung der Rechtsstaatlichkeit kritisiert werden.

So stieß die Reform des polnischen Verfassungsgerichts auf heftige Kritik: Brüssel wirft der Regierung in Warschau vor, rechtswidrig die Ernennung mehrerer Verfassungsrichter rückgängig gemacht, die Unabhängigkeit des Gerichts eingeschränkt und seine Beschlüsse missachtet zu haben.

cte/AFP
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren