Polen Kaczynski wirft Opposition Putschversuch vor

Die polnische Regierungspartei PiS hat versucht, die Pressefreiheit zu beschneiden. Oppositionelle blockierten daraufhin das Parlament. Für den PiS-Vorsitzenden Kaczynski war das ein "Putschversuch".
Jaroslaw Kaczynski

Jaroslaw Kaczynski

Foto: Marcin Obara/ dpa

Der Vorsitzende von Polens regierenden Nationalkonservativen (PiS), Jaroslaw Kaczynski, hat die Opposition wegen der Besetzung des Parlaments scharf kritisiert. "Das war ein ernsthafter Versuch, die Staatsmacht auf gewaltsame, undemokratische Weise zu lähmen", sagte der Partei- und Fraktionschef der PiS in einem Interview der Wochenzeitung "wSieci" in Warschau. "Man muss es einfach so sagen: Das war ein Putschversuch." Auch andere polnische Medien zitierten am Dienstag aus dem Interview.

Abgeordnete der Opposition harren seit vor Weihnachten im Plenarsaal des Sejm aus und wollen die Sitzblockade bis ins neue Jahr fortsetzen. Auslöser für die Proteste waren Pläne der Regierung, die Berichterstattung aus dem Parlament ab dem kommenden Jahr zu beschränken. Es sollte nur fünf Fernsehsendern erlaubt sein, die Debatten aufzuzeichnen. Die Anzahl der im Gebäude zugelassenen Journalisten sollte begrenzt werden.

Vor einer Woche schließlich hatte die Regierung in Warschau dann verkündet, ihre Vorhaben bezüglich der Arbeit von Parlamentsjournalisten noch einmal zu überarbeiten. Im Januar sollen die Vorschläge vorgestellt werden. Dafür wolle die PiS mit Journalisten zusammenarbeiten. Proteste gab es auch gegen die Verabschiedung des Haushalts, die nach Meinung der Opposition illegal war.

Kaczynskis PiS setzt im November 2015 in Polen eine konservative Wende in Gang, durch die Kritiker Demokratie und Gewaltenteilung in Gefahr sehen. "Es gibt Erfolge", zog Kaczynski in dem Interview Bilanz. Aber nichts sei gefährlicher als Selbstzufriedenheit: "Wir müssen vorangehen, uns noch mehr beeilen."

EU-Kommission gibt Polen mehr Zeit

Wegen der politischen Entwicklungen in Polen hatte sich auch Brüssel eingeschaltet. Die EU-Kommission hatte bereits im Januar ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit gegen Polen gestartet - erstmals überhaupt gegen einen Mitgliedsstaat. Die EU verlangte von der nationalkonservativen Regierung in Warschau eine Stellungnahme etwa zu den Vorgängen um das Verfassungsgericht, dessen Unabhängigkeit Brüssel in Gefahr sieht.

Zuletzt hatte die Kommission in Brüssel der Regierung in Warschau nochmals mehr Zeit gegeben. Die Kommission habe entschieden, "neue Empfehlungen" nach Warschau zu senden, sagte Vize-Kommissionspräsident Frans Timmermans in Brüssel. Die polnische Regierung habe nun zwei Monate Zeit, um darauf zu reagieren. Die Möglichkeit von Sanktionen bleibe bestehen.

Konkret forderte Brüssel die polnische Regierung dazu auf, die im Dezember 2015 von der Vorgängerregierung ernannten drei Richter des Verfassungsgerichts ihr Amt antreten zu lassen. Außerdem verlangte die EU-Behörde von Warschau, vom Verfassungsgericht gefällte Urteile umzusetzen und Gesetzesänderungen, die dessen Unabhängigkeit und Handlungsfähigkeit beschränken, zu unterlassen.

mho/anr/dpa
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