Neue Untersuchung des Flugzeugabsturzes Kaczynski stimmt der Exhumierung der Leiche seines Bruders zu

Verschwörungstheorien ranken sich noch immer um den Absturz der polnischen Präsidentenmaschine 2010. Ex-Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski will, dass die Leiche seines Bruders Lech erneut untersucht wird.
Trauerfeier für Lech Kaczynski 2010

Trauerfeier für Lech Kaczynski 2010

Foto: Pawel Supernak/ dpa

Mehr als sechs Jahre nach dem tödlichen Absturz einer Tupolew-154 mit dem polnischen Präsidenten Lech Kaczynski an Bord sind noch immer Fragen offen. Die Behörden untersuchen den Fall mittlerweile erneut. Im Zuge der Ermittlungen, das ist nun klar, soll auch Kaczynskis Leiche exhumiert werden.

Zwillingsbruder Jaroslaw, Chef der Regierungspartei PiS, gab dafür am Samstag sein Einverständnis. Der frühere Ministerpräsident ist mit zahlreichen Landsleuten der Ansicht, der Absturz der Präsidentenmaschine bei Smolensk in Russland sei auf einen Anschlag zurückzuführen. Neben Kaczynski waren damals 95 weitere Insassen ums Leben gekommen.

Eine erste Untersuchung unter der Leitung des damaligen Innenministers Jerzy Miller war zu dem Ergebnis gekommen, dass das Flugzeug am 10. April 2010 bei einem Landeversuch im dichten Nebel abgestürzt war. Eine Auswertung des Stimmrekorders zeigte, dass mehrere Militär- und Regierungsvertreter die Piloten im Cockpit trotz des schlechten Wetters zur Landung drängten. In Polen ranken sich dennoch zahlreiche Verschwörungstheorien um den Fall.

"Auf die Anklagebank"

Die Staatsanwaltschaft beschloss im Juni die Exhumierung von Opfern, um die Ursache erneut zu untersuchen. "Ich bin mit der Entscheidung der Staatsanwaltschaft zur Exhumierung einverstanden", sagte Jaroslaw Kaczynski am Samstag dem Nachrichtenportal Onet. Es sei bereits entschieden, dass die Exhumierung seines Bruders "eine der ersten, wenn nicht die erste" sein solle.

Die Art der 2010 vorgenommenen Untersuchung sei ein "Skandal" gewesen, mehrere Beteiligte müssten dafür "auf die Anklagebank", erklärte Jaroslaw Kaczynski. Er verwies dabei vor allem auf den früheren Ministerpräsidenten und heutigen EU-Ratspräsidenten Donald Tusk sowie die ehemalige Ministerpräsidentin Ewa Kopacz. In der PiS wurden zuletzt Forderungen laut, Tusk solle wegen der Katastrophe von Smolensk vor den Staatsgerichtshof zitiert werden.

Unter den Opfern des Absturzes waren ranghohe Militärs und Politiker, die zum 70. Jahrestag des Massakers von Katyn bei Smolensk an einer Gedenkfeier teilnehmen wollten. In Katyn waren im Zweiten Weltkrieg mehrere Tausend polnische Offiziere von der sowjetischen Geheimpolizei ermordet worden.

kev/AFP
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