Umbau der Justiz Sieben weitere oberste Richter in Polen zwangspensioniert

Trotz drohender EU-Sanktionen treibt Polens Regierung die umstrittene Neubesetzung der Justiz voran. Am obersten Gericht müssen weitere Juristen gegen ihren Willen in den Ruhestand.
Polens Präsident Andrzej Duda

Polens Präsident Andrzej Duda

Foto: KACPER PEMPEL/ REUTERS

Polens Regierung hat im Streit um das Oberste Gericht sieben weitere Juristen in den vorzeitigen Zwangsruhestand geschickt. Präsident Andrzej Duda gab ihren Anträgen auf Amtsverlängerung nicht statt.

Von insgesamt zwölf obersten Richtern, die bei Duda eine Dienstverlängerung beantragt hatten, erhielten nach Angaben der Präsidentenkanzlei nur fünf die Zustimmung. Sie dürfen demnach drei weitere Jahre urteilen. Die übrigen Juristen hätten keine Antwort erhalten und würden nach Auslaufen einer Frist automatisch in Pension gehen, sagte Pawel Mucha, Minister in Dudas Kanzlei, der polnischen Nachrichtenagentur PAP. Eine Begründung für die Entscheidung gab es zunächst nicht.

Nach einem umstrittenen Gesetz der Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) müssen oberste Richter seit Juli mit 65 statt bisher mit 70 Jahren in den Ruhestand. Wer länger im Dienst bleiben will, muss dies beim Präsidenten beantragen. Kritikern zufolge will die Regierung damit missliebige Richter loswerden.

EU leitete 2017 Sanktionsverfahren ein

Die EU-Kommission kritisierte staatliche Einflussnahme auf das Justizwesen. Brüssel mahnte Verstöße gegen EU-Recht an und leitete ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen ein. Die EU-Kommission beanstandet seit mehr als zwei Jahren den Umbau der polnischen Justiz und leitete 2017 erstmals überhaupt ein Sanktionsverfahren wegen möglicher Gefährdung von EU-Grundwerten gegen Polen ein.

Bisher ohne Erfolg: Die PiS sieht sich im Recht und gibt an, die Justiz mithilfe der Gesetze von korrupten Richtern befreien zu wollen. Am Obersten Gericht wollen die Nationalkonservativen 44 der knapp 120 Stellen neu besetzen. Neben den vorzeitigen Pensionierungen werden die Stellen durch eine Erhöhung der Richterzahl an dem Gericht geschaffen.

Richterin erkennt Pensionierung nicht an

14 Juristen mussten laut Oberstem Gericht bereits im Juli in den Ruhestand gehen. Sie hatten Duda nicht um Amtsverlängerung gebeten - einige von ihnen, darunter die Gerichtspräsidentin Malgorzata Gersdorf, taten dies aus Protest. Die 65-jährige Juristin sieht ihre Amtszeit als Vorsitzende verfassungsrechtlich geschützt und erkennt ihre Pensionierung nicht an. Gersdorf, die im Juli in einen vorerst unbefristeten Urlaub ging, sieht sich nach wie vor offiziell im Amt. Laut Präsidentenkanzlei ist die Richterin pensioniert.

Im Streit mit der polnischen Regierung hatte sich Warschaus Oberstes Gericht sogar an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gewandt und diesen gebeten, die Vereinbarkeit der Gesetze mit EU-Standards zu überprüfen.

Das Warschauer Gericht wehrte sich auch gegen die neuen Pensionierungen, die nach Angaben von Dudas Kanzlei automatisch erfolgten. Gerichtssprecher Michal Laskowski sagte, solange dem Gericht kein Ablehnungsschreiben Dudas vorliege, sei der Entscheidungsprozess aus Sicht des Tribunals nicht abgeschlossen.

cop/dpa
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