Posten in Brüssel Oettinger war als EU-Kommissar für Merkel nur dritte Wahl

Kanzlerin Merkel, nominierter EU-Kommissar Oettinger: Dritte Wahl
Foto: A3116 Tim Brakemeier/ dpaBerlin/Hamburg - Günther Oettinger ist für den Posten des deutschen EU-Kommissars nur die dritte Wahl von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gewesen. Vor Oettinger habe die Regierungschefin Norbert Röttgen gefragt, erfuhr der SPIEGEL aus Kreisen der Union. Röttgen, in der vergangenen Legislaturperiode Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, habe es aber vorgezogen, als Umweltminister in die Bundesregierung einzuziehen.
Auch Roland Koch habe sich die Kanzlerin eher als Oettinger für den Posten vorstellen können, der hessische Regierungschef habe aber schon vor Wochen signalisiert, dass er in Wiesbaden bleiben wolle. Eine Eigenbewerbung von Ursula von der Leyen, von Berlin nach Brüssel zu wechseln, habe Merkel dagegen abgelehnt. Begründung: Es gebe in der Union keinen glaubwürdigen Ersatz für die Bundesfamilienministerin.
Merkels Entscheidung für Oettinger als neuen EU-Kommissar kam für viele in der Union überraschend und sorgte insbesondere bei den Europapolitikern für Ärger. Oettingers Expertise in Finanz- und Wirtschaftsfragen ist zwar unumstritten, er verfügt aber über keine nennenswerte Erfahrung mit dem Brüsseler Politikbetrieb.
Auch in der EU-Zentrale selbst ist Oettinger umstritten. Der noch amtierende deutsche Kommissar Günther Verheugen (SPD) sprach zuletzt von "blankem Entsetzen", das in Brüssel über diese Personalie herrsche. Der deutsche Chef der Sozialisten im Europaparlament, Martin Schulz, nannte Oettinger einen "europapolitischen No-Name", seine Nominierung sei "eine Demütigung der zahlreichen qualifizierten CDU-Politiker in Berlin und Brüssel". Selbst der konservative EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso soll sich verwundert über Merkels Entscheidung geäußert haben.