Britischer Außenminister Miliband: Der Top-Kandidat, der keiner sein will
Foto: ? Yiorgos Karahalis / Reuters/ REUTERSLondon - Der britische Außenminister David Miliband wird im Gerangel um den Posten des künftigen EU-Außenrepräsentanten deutlicher: Nach Informationen des Senders BBC hat er das Spitzenamt in Brüssel explizit abgelehnt. Miliband habe dem Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Europas, Poul Nyrup Rasmussen, am Sonntag gesagt, dass er nicht an dem Posten interessiert sei, berichtete der Sender in der Nacht zum Dienstag ohne nähere Angaben von Quellen.
Miliband hatte selbst mehrmals erklärt, dass er nicht für den Topjob zur Verfügung stehe und seinen Job in Großbritannien nicht aufgeben möchte. Dennoch wird seit Wochen spekuliert, dass der Labour-Politiker Favorit für das Amt des EU-"Außenministers" sei. Dass Miliband immer wieder betonte, er kandidiere überhaupt nicht, änderte daran nichts. Die Tatsache, dass er bei den Feiern zum 20. Jahrestag des Mauerfalls in Berlin anwesend war, sorgte am Montag für neue Spekulationen.
Als weiterer Kandidat gilt Italiens Ex-Außenminister Massimo D'Alema. Der EU-Chefdiplomat soll der Staatengemeinschaft mehr Gewicht auf dem internationalen Parkett verleihen. Der Posten wird genauso wie der des EU-Präsidenten mit dem Reformvertrag von Lissabon geschaffen, der am 1. Dezember in Kraft treten dürfte.
Miliband ist seit Juni 2007 Außenminister Großbritanniens. Er gilt seit langem als möglicher Nachfolger von Premierminister Gordon Brown. Labour steht derzeit im Umfragetief und muss vermutlich schwer bei den kommenden Wahlen im Frühsommer 2010 kämpfen, weshalb Miliband vor allem in seiner eigenen Partei gebraucht wird.
Auch Brown hatte zurückgewiesen, dass Miliband nach Brüssel geht. Sollte der Außenminister doch antreten wollen, müsste die britische Regierung ihn zuerst nominieren. "Der Premierminister hat nicht vor, Herrn Miliband zu nominieren", sagte ein Brown-Sprecher. Dieser habe schließlich klargemacht, "dass er den Job nicht will".
Ein möglicher Grund für Milibands Zurückhaltung ist dem BBC-Bericht zufolge, dass er vermeiden möchte, ein falsches Signal zu senden. Ein Abgang nach Brüssel wirke, als verließen "die Ratten das sinkende Schiff", wird eine Quelle aus Milibands Umfeld zitiert.
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Wichtigster Vorteil des belgischen Kandidaten: Er ist im Ausland so gut wie unbekannt - und hatte noch keine Gelegenheit, sich Feinde zu machen. Der 62-jährige Herman Van Rompuy ist erst seit zehn Monaten als Premier im Amt und gilt nun als heißester Favorit für die EU-Präsidentschaft. Als Dompteur einer Fünf-Parteien-Koalition bringt er die nötige Geduld für die EU mit.
Allzweck-Europäer: Wann immer es um einen der Spitzenposten in Europa geht, wird sein Name genannt. Doch hat sich Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker diesmal zu früh aus der Deckung gewagt, weil er partout Tony Blair als ersten Präsidenten der Europäischen Union verhindern wollte. Das immerhin scheint ihm gelungen zu sein.
Charismatischer Kandidat, aber kaum noch Chancen: Der ehemalige britische Premier Tony Blair galt lange als Favorit für das neue europäische Spitzenamt. Doch nicht nur Jean-Claude Juncker widerstrebt es, ausgerechnet einen Politiker aus dem euroskeptischen Großbritannien zum Sprecher der Union zu machen.
Unauffällig und daher der ideale Kompromisskandidat: Der niederländische Regierungschef Jan Peter Balkenende gilt als insgeheimer Favorit von Kanzlerin Angela Merkel. In einer europapolitischen Grundsatzrede sagte er vergangene Woche, die EU müsse weniger nach innen blicken, sondern sich mehr nach außen orientieren.
Erfahrener Streitschlichter: Frankreichs Präsident Sarkozy wird eine Schwäche für den finnischen Parlamentspräsidenten Paavo Lipponen nachgesagt. Er sei ein bewährter Krisenmanager und habe beste Beziehungen zu Russland, heißt es in Paris.
Er genießt großes Vertrauen in der gesamten EU, kommt aus einem kleinen Mitgliedsland - und hat gegenwärtig keine Verpflichtungen: Drei Punkte, die für den konservativen Österreicher Wolfgang Schüssel sprechen. Obendrein hat er ein gutes Verhältnis zu Angela Merkel.
Gegenwärtig noch Regierungschef in Schweden, aber sein Land hat noch keinen Kandidaten für die Riege der EU-Kommissare in Brüssel angemeldet, und das wird als Indiz gewertet, dass der liberal-konservative Fredrik Reinfeldt sich auch den Posten an der Spitze Europas vorstellen kann.
Sein Name wird ebenfalls genannt: Carl Bildt, von 1991 bis 1994 schwedischer Ministerpräsident und seit 2006 Außenminister. Er sammelte im Auftrag der Uno auf dem Balkan Erfahrung als internationaler Vermittler.
Bei der Frage, wer Europas erster Außenminister werden soll, wird am häufigsten David Miliband genannt. Der 44-jährige britische Außenminister ist deutlich europafreundlicher als der britische Mainstream. Nur könnte es an ihm selbst scheitern: Der Labour-Politiker hat immer wieder betont, dass er seine Rolle auch weiterhin in der nationalen Politik sehe.
Überraschender Vorschlag aus Italien: Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat den früheren italienischen Außenminister Massimo D'Alema für das Amt des europäischen Chefdiplomaten vorgeschlagen. Der Italiener gilt neben Miliband als Favorit - allerdings haben einige osteuropäische EU-Länder Vorbehalte gegen den früheren Kommunisten.
Estlands Präsident Toomas Hendrik Ilves bewirbt sich gleich für beide Posten.
Etliche Politikerinnen fordern, einen der Spitzenjobs und mindestens ein Drittel der neuen Kommission weiblich zu besetzen. Aussichtsreichste Kandidatin der neuen Brüsseler Frauenbewegung ist Vaira Vike-Freiberga, die frühere Staatspräsidentin von Lettland.
Allzweck-Europäer: Wann immer es um einen der Spitzenposten in Europa geht, wird sein Name genannt. Doch hat sich Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker diesmal zu früh aus der Deckung gewagt, weil er partout Tony Blair als ersten Präsidenten der Europäischen Union verhindern wollte. Das immerhin scheint ihm gelungen zu sein.
Foto: JOHN THYS/ AFPEr genießt großes Vertrauen in der gesamten EU, kommt aus einem kleinen Mitgliedsland - und hat gegenwärtig keine Verpflichtungen: Drei Punkte, die für den konservativen Österreicher Wolfgang Schüssel sprechen. Obendrein hat er ein gutes Verhältnis zu Angela Merkel.
Foto: ? Vincent Kessler / Reuters/ REUTERS