Die Wahl des neuen Bundespräsidenten in Österreich ist ein politischer Wahlkrimi: Das Ergebnis ist so knapp, dass erst die Auszählung der Briefwahlstimmen zeigen wird, ob Österreich einen Rechtspopulisten als Staatschef bekommt.
Die wichtigsten Fakten im Überblick:
Ein offizielles Endergebnis wird es erst am Montag geben. Bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen vor vier Wochen hatte sich das amtliche Ergebnis nach Auszählung der Briefwahlstimmen noch spürbar verändert.
Seit Schließung der Wahllokale lieferten sich Hofer und Van der Bellen ein Kopf-an-Kopf-Rennen:
"Wir werden bis morgen warten müssen. Egal wer gewinnt: Er hat die Aufgabe, Österreich zu vereinen", sagte Hofer im ORF. Van der Bellen bedankte sich bei seinen Unterstützern. "Das trägt einen schon, dafür bin ich sehr dankbar". Beide Konkurrenten schüttelten sich vor laufenden Kameras die Hände und sprachen sich gegenseitig Respekt aus.
6,4 Millionen Österreicher waren aufgerufen, einen neuen Mann für die Spitze ihres Staates zu bestimmen. Die Abstimmung wird international mit Spannung verfolgt.
FPÖ-Chef: "Politische Zeitenwende"
In der Alpenrepublik hat der Bundespräsident deutlich größere Kompetenzen als etwa in Deutschland. Er ist Oberbefehlshaber des Bundesheeres, er kann die Regierung entlassen, einen neuen Kanzler ernennen und das Parlament auflösen.
Zum ersten Mal seit 1945 gingen in Österreich zwei Kandidaten in die Stichwahl, von denen keiner den beiden Volksparteien SPÖ und ÖVP angehört. In der ersten Wahlrunde vor einem Monat hatte sich Hofer überraschend gegen Van der Bellen und andere Kandidaten durchgesetzt.
In der rechtspopulistischen FPÖ feiert man Hofer bereits als Sieger - trotz der sehr unklaren Lage. "Das ist der schönste, ergreifendste Moment in meinem politischen Leben", sagte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. "Das ist eine politische Zeitenwende im positiven Sinne."
Hofer rechtspopulistisch, Van der Bellen europafreundlich
Der 45-jährige Hofer, gelernter Flugzeugingenieur, hatte sich im Wahlkampf als "Kandidat der Menschen" präsentiert, der in der Flüchtlingskrise Österreichs Kultur und Werte verteidigen will.
Er gilt als das freundliche Gesicht der FPÖ - ist aber politisch ein Hardliner: So spricht Hofer im Zusammenhang mit Flüchtlingen von einer "neuen Völkerwanderung" und bedient sich des hetzerischen Spruchs "Wir sind nicht das Sozialamt der Welt".
Hofer lehnt die gleichgeschlechtliche Ehe ab, würde keine Ministerin mit einem Kopftuch unterstützen ("Ich bin nicht der Meinung, dass der Islam ein Teil von Österreich ist") und gilt als sehr europakritisch.
Der ehemalige Grünen-Chef Van der Bellen, 72, trat im Wahlkampf ruhig, sachlich und pragmatisch auf. Mit Hilfe vieler prominenter Namen aus Kunst, Kultur und Wirtschaft versuchte der gebürtige Wiener, die Aufholjagd am Sonntag zu gewinnen. Viele Politiker anderer Parteien hatten sich für ihn ausgesprochen.
Wegen Van der Bellens europafreundlicher Haltung hofft unter anderem EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker auf einen Sieg des Kandidaten.
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Kontrahenten Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer
Diese beiden Männer kämpfen um das Amt des Bundespräsidenten in Österreich: Alexander van der Bellen, Norbert Hofer (r.).
Es ist ein Duell der Ungleichen: Der 45-jährige FPÖ-Politiker Norbert Hofer ist gegen den 72-jährigen Ökonomen Alexander Van der Bellen in einer Stichwahl angetreten. Es geht um das Amt des Bundespräsidenten - der in Österreich mehr Befugnisse hat als in vielen anderen europäischen Staaten.
Van der Bellen, der von den Grünen unterstützt wird, gibt am Sonntag seine Stimme in Wien ab.
Ebenso macht es Hofer in Pinkafeld, rund hundert Kilometer südlich von Wien.
Wahlparty in Österreich: Noch gibt es kein Ergebnis - die Kandidaten liegen mit 50 zu 50 Prozent gleich auf, beide trennen nur wenige tausend Stimmen. Ausschlag sollen die Briefwähler geben, mehr wird man wohl erst am Montag erfahren.
FPÖ-Kandidat Hofer spricht am Wahlabend mit Journalisten. Er trat im Wahlkampf nah am Bürger auf, vertritt aber Hardliner-Positionen. Der Islam gehöre nicht zu Österreich, sagt er etwa. Außerdem lehnt er die gleichgeschlechtliche Ehe ab und hält nicht viel von der EU.
Van der Bellen, der von vielen Intellektuellen unterstützt wurde, trat hingegen als besonnener Pro-Europäer auf. Es fiel ihm allerdings schwer, im Wahlkampf volksnah zu wirken.
Beide Konkurrenten im TV-Studio: Die Präsidentenwahl war ein Novum - erstmals seit 1945 schaffte es kein Kandidat der Volksparteien in die Stichwahl.
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