Protest gegen Polizei Krawalle stürzen Griechenlands Regierung in schwere Krise
Athen - In Griechenland ist es auch am Montag zu gewaltsamen Protesten von Jugendlichen gekommen. Demonstranten haben sich in Universitäten verbarrikadiert, blockieren Straßen und zünden Autos und Geschäfte an.

Unruhen in Thessaloniki: Weitere Protestveranstaltungen angekündigt
Foto: AFPSchon am Wochenende hatten sich vermummte Demonstranten in Athen und Saloniki heftige Straßenschlachten mit der Polizei geliefert. Anlass für die schwersten Unruhen seit fast zwei Jahrzehnten war der Tod eines 15-jährigen Jugendlichen durch Polizeischüsse.
Für Montagabend wurden in fünf Städten, darunter auch in Athen und Thessaloniki, weitere Proteste angekündigt. In Athen waren am Montag immer noch in zwei Universitäten Demonstranten verbarrikadiert. Andere Gruppen blockierten zwei Straßen und eine Bahnverbindung. In der Stadt Trikala wurde am Montag ein Polizist bei Auseinandersetzungen mit Demonstranten verletzt. Auch dort wurde eine Bahnverbindung blockiert.
Protest gegen den Tod des Jugendlichen gibt es auch in europäischen Hauptstädten. In London und Berlin wurden die griechischen Botschaften besetzt. In der deutschen Hauptstadt hat sich die Lage mittlerweile beruhigt. 22 Demonstranten sind am Morgen in das griechische Konsulat eingedrungen. Polizeipräsident Dieter Glietsch sagte, bei der Besetzung des Konsulats sei keine Gewalt angewandt worden. "Die Demonstranten kamen als Besucher, der Generalkonsul will die Situation im Gespräch mit ihnen lösen." Es handele sich eher um eine Demonstration als um eine Besetzung. In London sollen etwa 30 Demonstranten die Botschaft besetzt halten, sagte ein Polizeisprecher.
In Thessaloniki, der zweitgrößten Stadt des Landes, zogen Dutzende Jugendliche von der Universität aus ins Zentrum. Dabei wurden auch Mülltonnen angezündet. Bis Sonntagabend wurden nach Polizeiangaben 37 Beamte verletzt, es gab erheblichen Sachschaden. Dutzende Banken, Geschäfte und Autos wurden angezündet. 22 Personen kamen in Polizeigewahrsam oder wurden festgenommen. Innenminister Prokopis Pavlopoulos und sein Stellvertreter boten ihren Rücktritt an, Ministerpräsident Konstantinos Karamanlis lehnte jedoch ab.
In fast allen Landesteilen Griechenlands blieben am Montag die Schulen geschlossen. "Sie werden bis Mittwoch aus Protest gegen den Tod des Schülers geschlossen bleiben", sagte der Generalsekretär der Gymnasiallehrergewerkschaft, Kostas Maniatis, im Radio.
"Verbrechen, Terror und dann Gewalt", titelte die Athener Zeitung "Eleftheros Typos" am Montag. Das Wochenende der Verwüstung und des Chaos hinterlasse Ratlosigkeit. Dieser hässlichen Gewaltspirale müsse dringend ein Ende gesetzt werden. "Nur wie?", fragten sich die Kommentatoren der griechischen Medien.
Ratlos scheint auch Regierungschef Karamanlis zu sein. Seine Regierung läuft Gefahr, nach einer Reihe von Finanzskandalen jetzt unter dem Eindruck der kriegsähnlichen Bilder zusammenzubrechen. Umfragen zeigen, dass die regierenden Konservativen nur 15 Monate nach dem Wahlsieg im September 2007 nun fast sechs Prozentpunkte hinter den oppositionellen Sozialisten in der Gunst der Wähler liegen. Beobachter rechneten mit einer umfangreichen Regierungsumbildung in den kommenden Tagen.
Empört waren vor allem Hunderte Ladenbesitzer, deren Geschäfte ausgerechnet in der umsatzstarken Vorweihnachtszeit demoliert und teilweise auch geplündert wurden. "Wir sind ruiniert", beklagten viele. Die Schadenssumme der Gewalt am Wochenende soll mehr als hundert Millionen Euro ausmachen.
"Solche Bilder habe ich seit dem Bürgerkrieg (1947 bis 1949 - d. Red.) nicht mehr gesehen", sagte Tassos Saros, ein 84-jähriger Mann. Weite Teile der traditionellen Einkaufsstraßen von Athen wie die Ermou und die Alexandras-Chaussee sahen am Montagmorgen aus, als wären Bomben eingeschlagen. Landesweit sind nach ersten Schätzungen mehr als 500 Geschäfte, Banken, Autohäuser und öffentliche Gebäude verwüstet oder schwer beschädigt worden.
Als eine der Ursachen der Gewalt nannten die meisten Medien die falsche Taktik der Sicherheitskräfte. Mindestens in vier Fällen wurden dieses Jahr Polizisten wegen übertriebener Gewaltanwendung vom Dienst suspendiert. Internationale Menschenrechtsorganisationen werfen seit Jahren der griechischen Polizei vor, brutal gegen Flüchtlinge vorzugehen.