"Black Lives Matter"
Brasilianer demonstrieren nach Tod von schwarzem Jungen
Eine schwarze Hausangestellte lässt ihren Sohn in der Obhut ihrer weißen Chefin - und der Junge stürzt aus einem Fenster und stirbt. Dieser Fall wühlt gerade viele Menschen in Brasilien auf.
Proteste in Recife, Brasilien: Letztes Land der westlichen Welt, das die Sklaverei abschaffte
Foto: LEO MALAFAIA/ AFP
In Brasilien sind nach dem Tod eines schwarzen Jungen in der Obhut einer weißen Frau Hunderte Menschen auf die Straße gegangen. In Anlehnung an die derzeitigen Anti-Rassismus-Proteste in den USA hielten Demonstranten in der nordbrasilianischen Stadt Refice am Freitag Schilder mit der Aufschrift "Black Lives Matter" in die Höhe.
Der fünfjährige Miguel da Silva war am Dienstag aus dem neunten Stock eines Hochhauses gestürzt. Seine Mutter hatte den Jungen in der Obhut ihrer Chefin gelassen, während sie den Hund der Familie ausführte.
Auf dem Überwachungsvideo, das das brasilianische Fernsehen zeigte, ist zu sehen, wie der Junge der Mutter zum Aufzug hinterherläuft. Diese ist aber schon losgefahren. Die Hausherrin lässt den Jungen allein in eine Kabine gehen und drückt auf den Knopf, um ihn ins Erdgeschoss fahren zu lassen - wohl in dem Glauben, er werde unten seiner Mutter folgen.
Doch im Aufzug drückte der Junge offenbar andere Knöpfe, stieg schließlich im neunten Stock aus und stürzte in einem Schacht des Gebäudes in die Tiefe. Die Hausherrin, Frau des Bürgermeisters der Gemeinde Tamandaré in der Nähe Recifes, wurde festgenommen, aber gegen die Zahlung von 20.000 Real (4000 Euro) wieder freigelassen.
"Miguels Leben steht für die Realität vieler anderer schwarzer Kinder, der Kinder von Hausangestellten", sagte die Demonstrantin Nathalia Ferreira. Monica Oliveira von der Menschenrechtsorganisation Black Women's Network im brasilianischen Bundesstaat Pernambuco sprach von einem "Verbrechen". Sie befürchte, dass der Fall Miguel "auf die leichte Schulter genommen wird und straflos bleibt". Es sei wichtig, "dass Gerechtigkeit geübt wird", betonte sie.
Politiker, Künstler und Prominente wie die Siegerin von "Big Brother Brasil", die Sängerin Iza, und die ehemalige Umweltministerin Marina Silva drückten Fassungslosigkeit und Entsetzen aus. "JusticaPorMiguel" (Gerechtigkeit für Miguel) war in den sozialen Medien am Donnerstagabend eines der am meisten kommentierten brasilianischen Themen.
Brasilien war das letzte Land der westlichen Welt, das die Sklaverei abschaffte. Bis heute gibt es große Ungleichheiten zwischen der weißen und der schwarzen Bevölkerung, die 56 Prozent der Gesamtbevölkerung stellt. Im Schnitt verdienen schwarze Brasilianer nur halb so viel wie weiße Brasilianer. Zudem haben sie eine geringere Lebenserwartung und werden nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten immer wieder Opfer von Diskriminierung.