Prozess in China Politiker-Gattin droht Todesstrafe

In Windeseile wird ihr der Prozess gemacht: In China begann das Gerichtsverfahren gegen Gu Kailai, schon nach wenigen Stunden wurde es beendet. Die Frau des in Ungnade gefallenen Ex-Spitzenpolitikers Bo Xilai soll einen britischen Geschäftsmann vergiftet haben - ihr droht die Todesstrafe.
Prozess in China: Politiker-Gattin droht Todesstrafe

Prozess in China: Politiker-Gattin droht Todesstrafe

Foto: STRINGER/CHINA/ REUTERS

Peking - Sicherheitskräfte waren vor dem Gerichtsgebäude postiert, Journalisten durften nicht in den Saal: In der ostchinesischen Stadt Hefei musste sich am Donnerstag die Frau des entmachteten Politikers Bo Xilai in einem Mordprozess vor Gericht verantworten.

Nach wenigen Stunden war das Verfahren gegen Gu Kailai bereits beendet. Das Gericht habe keine Angaben dazu gemacht, wann das Urteil gesprochen werde, berichtete die Nachrichtenagentur AP am Donnerstag. Ursprünglich waren zwei Prozesstage anberaumt worden. Zuletzt hieß es, der Prozess solle lediglich einen Tag dauern.

Die Angeklagte soll den britischen Geschäftsmann Neil Heywood vergiftet haben. Er war im November in einem Hotelzimmer in der Millionenstadt Chongqing tot aufgefunden worden. Bei einer Verurteilung drohen Gu mehr als zehn Jahre Haft oder die Todesstrafe. Beobachter rechneten im Vorfeld damit, dass Gu des Mordes schuldig gesprochen wird, ihr möglicherweise aber die Todesstrafe erspart bleibt.

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China: Mordprozess in Hefei

Foto: Eugene Hoshiko/ AP

Die Staatsmedien nannten das Verfahren einen Test für die Rechtsstaatlichkeit Chinas, während Beobachter vielmehr von einem politischen Prozess sprechen.

Gus Ehemann Bo galt lange als aussichtsreicher Kandidat für ein Führungsamt in der Kommunistischen Partei Chinas, er war im März aber von seinen Posten abgesetzt worden. Zuvor war ein hochrangiger Sicherheitsbeamter Bos in ein US-Konsulat geflüchtet und hatte dort über die Verwicklung der Familie in den Heywood-Fall ausgesagt.

Experten sehen im Sturz von Bo, der für einen rückwärtsgewandten linken Kurs steht, einen Sieg des scheidenden Präsidenten Hu Jintao und des Regierungschefs Wen Jiabao - beide vertreten eine Reformpolitik. Für Hu und Wen könnte der Fall Heywood eine willkommene Gelegenheit gewesen sein, um Bo loszuwerden.

Bos maoistische Methoden waren einigen Funktionären ohnehin ein Dorn im Auge. So scherte sich Bo bei der Bekämpfung des organisierten Verbrechens wenig um ein juristisch korrektes Vorgehen und ließ in Chongqing mehrere Verdächtige hinrichten.

Kurz vor dem Auftakt des Mordprozesses gegen Gu Kailai hatte sich ihr Sohn im US-Nachrichtensender CNN geäußert. Bo Guagua teilte in einer E-Mail mit, er habe vor dem Verfahren eine Zeugenaussage bei dem Verteidiger-Team seiner Mutter hinterlegt. Zum Inhalt dieser Aussage wurde jedoch vorerst nichts bekannt. Er glaube daran, dass in dem Verfahren "die Fakten für sich selbst sprechen" würden, erklärte Bo Guagua.

hen/dpa/AFP/dapd/AP
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