Prozess in Italien Berlusconi wehrt sich gegen Mafia-Vorwürfe

Italiens Premier Silvio Berlusconi: Von Skandalen gebeutelt in der dritten Amtszeit
Foto: A1809 epa ansa Di Meo/ dpaRom - Das Berufungsverfahren gegen einen seiner engsten Vertrauten, Marcello Dell'Utri, wird für Italiens Premier zur Belastungsprobe. Ein Zeuge im Verfahren bekräftigte vor Gericht seine Aussage, Berlusconi sei früher in Aktivitäten der Mafia verstrickt gewesen.
Anfang der neunziger Jahre habe Berlusconi Verbindungen zu dem sizilianischen Mafia-Boss Giuseppe Graviano unterhalten, sagte der inhaftierte Auftragsmörder Gaspare Spatuzza vor den Richtern in Turin.
Der für die Anschläge verurteilte -Clanführer Giuseppe Graviano habe Berlusconi mehrfach mit den Anschlägen in Verbindung gebracht, sagte Spatuzza, der wegen Beteiligung an mehreren spektakulären und brutalen Morden eine lebenslange Haft absitzt. Medienmilliardär Berlusconi sei damals noch nicht in der Politik tätig gewesen. Sein früherer Chef Graviano habe sich ein Jahr nach einer Mafia-Mordserie 1993 damit gebrüstet, dass er dank seiner Kontakte zu Berlusconi, Dell'Utri und anderen "alles bekommen" habe, sagte der Ex-Mafioso aus. Durch diese Verbindungen habe die sizilianische Mafia "das Land in ihrer Hand" gehabt.
Spatuzza wiederholte den bereits Ende 2008 vorgebrachten Vorwurf, Berlusconi und Dell'Utri seien wichtige Ansprechpartner seines früheren Chefs gewesen. 1994, im Jahr nach der Mordserie der Mafia mit zehn Toten und Dutzenden Verletzten, hatten die beiden Politiker die Partei Forza Italia gegründet, mit der Berlusconi bei der Parlamentswahl im selben Jahr siegte und erstmals italienischer Ministerpräsident wurde.
"Racheakt gegen unseren Premier"
Berlusconi hat die Vorwürfe Spatuzzas schon vorab zurückgewiesen und erklärt, sie entbehrten jeder Grundlage. Sie seien "der unglaublichste und gemeinste Angriff", den er in den vergangenen Jahren habe ertragen müssen, sagte Berlusconi. Der Regierungschef ist formell nicht Gegenstand des Verfahrens um Dell'Utri.
Am Freitag wies die italienische Regierung die Anschuldigungen erneut zurück. Die Aussage sei lediglich ein Racheakt für Berlusconis Kampf gegen die Organisierte Kriminalität in Italien, sagte Berlusconis Sprecher Paolo Bonaiuti: "Es ist doch logisch, dass die Mafia jetzt ihre Mitglieder mobilisiert, um eine Kampagne gegen unseren Premierminister zu starten", so Bonaiuti.
Berlusconis Vertrauter Dell'Utri war in erster Instanz wegen Verbindungen zur Mafia zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Dell'Utri nahm an der Verhandlung teil. Zuvor beteuerte er vor Journalisten, dass er den Mafia-Boss Graviano nicht kenne und ihn niemals getroffen habe. Mit ihren Verleumdungen wolle die Mafia die Regierung Berlusconi stürzen.
Aus Sicherheitsgründen war der Prozess des Berufungsgerichts von Palermo ins norditalienische Turin verlegt worden. Gaspare Spatuzza sagte hinter einen weißen Trennwand aus und wurde von einem massiven Polizeiaufgebot geschützt.
Korruptionsprozess vertagt
Unterdessen wurde der gegen Berlusconi erneut vertagt, diesmal auf den 15. Januar. Das Gericht in Mailand akzeptierte die Begründung von Berlusconis Anwälten, ihr Mandant habe eine Kabinettssitzung leiten müssen. Weitere Termine setzten die Richter für den 29. und 30. Januar sowie für den 13. und 27. Februar fest. Das Verfahren sollte eigentlich schon Ende November beginnen.
Bei dem Prozess geht es um den Vorwurf, Berlusconi habe seinem früheren Anwalt David Mills für Falschaussagen in Prozessen der neunziger Jahre 600.000 Dollar (umgerechnet 400.000 Euro) gezahlt. Dieser und ein weiterer Korruptionsprozess gegen Berlusconi wurden wiederaufgenommen, weil das italienische Verfassungsgericht Anfang Oktober ein Immunitätsgesetz zugunsten Berlusconis für verfassungswidrig erklärt hatte. Mills war in der Sache im Februar zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt worden.
Ein anderes Verfahren gegen Berlusconi wegen Bilanzfälschung und Steuerhinterziehung, das ursprünglich Mitte November beginnen sollte, war wegen der Beteiligung des Regierungschefs zu diesem Zeitpunkt am Welternährungsgipfel in Rom auf den 18. Januar verschoben worden. In diesem Prozess wird Berlusconi vorgeworfen, dass sein Konzern Mediaset durch den überteuerten Handel mit Filmrechten schwarze Kassen im Ausland anlegte. So soll das Unternehmen künstlich seinen Gewinn geschmälert haben, um Steuern zu sparen.