Pussy-Riot-Aktivistin Nadeschda muss ins Straflager nach Sibirien

Nadeschda Tolokonnikowa: Auf dem Weg nach Nischny Ingasch
Foto: Maxim Shipenkov/ dpaBerlin - Auch in der Haft hat sie nicht aufgehört, aufzubegehren. Pussy-Riot-Musikerin Nadeschda Tolokonnikowa protestierte immer wieder gegen die Haftbedingungen in ihrem bisherigen Straflager in Zentralrussland. Sie kritisierte die Haftbedingungen, schrieb in einem Brief von "Sklaverei" und einem sowjetischen Gulag-System. Schließlich trat sie in den Hungerstreik. Jetzt üben die Behörden offenbar Vergeltung: Sie ordneten die Verlegung in ein anderes Gefängnis an.
Laut ihrem Ehemann wird die 23-Jährige in ein Straflager in Sibirien verlegt. Sie sei derzeit auf dem Weg in die Haftanstalt, schrieb Pjotr Wersilow am Dienstag im Kurznachrichtendienst Twitter unter Berufung auf eine verlässliche Quelle. Demnach wird Tolokonnikowa in das Straflager Nummer 50 in der Stadt Nischny Ingasch gebracht. Diese liegt an der Trasse der Transsibirischen Eisenbahn rund 300 Kilometer von der Metropole Krasnojarsk entfernt und vier Zeitzonen östlich von Moskau.
Zwei Wochen ohne Lebenszeichen
Wersilow gab an, seit zwei Wochen kein persönliches Lebenszeichen mehr von seiner Frau erhalten zu haben. Nun teilte der Strafvollzug mit, dass die Behörden nach Ankunft eines Gefangenen zehn Tage Zeit hätten, um Angehörige über den neuen Haftort zu informieren. Tolokonnikowa sei in Sicherheit, bestätigte auch der russische Menschenrechtsbeauftragte. "Bei ihr ist ein Arzt, und sie nimmt Nahrung in vollem Umfang zu sich", sagte der Ombudsman der russischen Regierung, Wladimir Lukin.
Am 22. Oktober wurde das Pussy-Riot-Mitglied aus ihrem bisherigen Straflager rund 400 Kilometer vor Moskau abgeholt. "Als Strafe für die Wirkung ihres Briefes wird sie nun 4500 Kilometer von Zentralrussland in das Herz Sibiriens transportiert", schrieb Tolokonnikowas Ehemann. Die Mutter einer kleinen Tochter hatte beschrieben, wie die Insassen der Haftanstalt bis zu 17 Stunden am Tag arbeiten müssten, um ihren Schlaf gebracht würden und unter schlimmen hygienischen Bedingungen lebten. Außerdem gab sie an, von einem Justizbeamten Todesdrohungen zu bekommen.
Die Musikerin war im August vergangenen Jahres in einem vom Westen scharf kritisierten Prozess mit ihren Bandkolleginnen Maria Alechina und Jekaterina Samuzewitsch wegen "Rowdytums" und "Anstachelung zu religiösem Hass" zu zwei Jahren Lagerhaft verurteilt worden. Die Gruppe hatte im Februar 2012 in einer Moskauer Kathedrale ein "Punkgebet" gegen den heutigen Präsidenten Wladimir Putin aufgeführt. Samuzewitsch wurde später auf Bewährung freigelassen.