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Erdogan trifft Putin Super Stimmung in St. Petersburg

Die Türkei und Russland nähern sich wieder an: Beim Gespräch der Präsidenten Erdogan und Putin soll "positive Stimmung" geherrscht haben. Doch über floskelhaftes Politsprech kam die Begegnung bislang nicht hinaus.

Monatelang steckte die Beziehung zwischen Moskau und Ankara in einer Krise. Seit dem gescheiterten Putsch gegen den türkischen Präsidenten ändert sich das jedoch: Recep Tayyip Erdogan will ein neues Kapitel in den Beziehungen zwischen der Türkei und Russland aufschlagen. Dazu hat er sich nun mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in dessen Heimatstadt St. Petersburg getroffen. Von ausgelassener Freude kann aber wohl keine Rede sein.

Der erste gemeinsame Auftritt vor Kameras fing schon stockend an: Lange Momente lang stand Putin allein vor den laufenden Kameras, dann erst betrat Erdogan den Raum. Die Staatschefs schüttelten sich die Hände und saßen dann auf ihren gold-weißen Sesseln, wirkten unschlüssig.

Nach dem Treffen hieß es beim türkischen Staatssender TRT, die beiden Staatschefs hätten eineinhalb Stunden lang beraten. Erdogans Büro verkündete, die generelle Stimmung sei sehr positiv gewesen.

"Von Angesicht zu Angesicht"

Das betonten die Präsidenten auch anschließend bei einer gemeinsamen Pressekonferenz: Man habe sich "nach längerer Zeit zum ersten Mal von Angesicht zu Angesicht" gesprochen, sagte Erdogan. Den russischen Präsidenten bezeichnete er als seinen "lieben Freund". "Wir werden unsere Beziehungen wieder auf das Niveau anheben können, auf dem sie waren."

"Sie, Herr Präsident, haben uns am Folgetag direkt ihre Solidarität und Unterstützung zugesagt", bedankte sich Erdogan bei Putin. Dieser hatte Erdogan einen Tag nach dem Umsturzversuch vom 15. Juli persönlich angerufen. Zuvor hatte der türkische Präsident mangelnde Solidarität westlicher Staaten kritisiert, denen er vorwarf, sich auf die Seite der Putschisten gestellt zu haben.

Wegen des Abschusses eines russischen Kampfjets durch die Türkei herrschte monatelange Eiszeit zwischen Ankara und Moskau. Es ist die erste Auslandsreise des türkischen Präsidenten seit dem versuchten Umsturz und überhaupt erst das zweite Treffen Erdogans mit einem ausländischen Staatsoberhaupt.

Die "Logik des Respekts"

Putin räumte ein, es habe in der russisch-türkischen Beziehung "keinesfalls einfache und sogar dramatische Episoden" gegeben. Er betonte aber, die "Logik des Respekts" siege immer. Die Priorität bestehe nun darin, dass beide Länder "in den Vorkrisenzustand der bilateralen Beziehungen" zurückkämen.

Details über die geplante Zusammenarbeit nannten beide Präsidenten vor allem im wirtschaftlichen Bereich: Den Energiebereich bezeichnete Putin dabei als Schlüsselbereich, der Touristenstrom solle wiederbelebt und Charterflüge wiederaufgenommen werden. Putin kündigte auch die Lockerung von bestehenden Sanktionen an: "Wir haben vor, Einschränkungen gegenüber türkischer Unternehmen aufzuheben."

Auch Erdogan kündigte an, die Visafreiheit werde wieder eingeführt, die Bauarbeiten am Atomkraftwerk sollen wieder aufgenommen werden. Die bilateralen Beziehungen sollen in Bälde fortgeführt werden - in einem "sehr eng gefassten Rahmen".

Auch über internationale Probleme sei gesprochen worden. Die Bekämpfung des Terrorismus sei das "wichtigste Element unserer Vereinbarung", so Putin. Über den Bürgerkrieg in Syrien - und Überlegungen über eine gemeinsame Haltung beider Länder - solle erst nach der Pressekonferenz gesprochen werden. Bisher vertraten Erdogan und Putin bei dem Konflikt konträre Positionen.

Erdogan: "In eine ganz andere Phase eintreten"

Bereits vor Beginn des Treffens sagte Erdogan: "Ich glaube daran, dass wir mit diesem Schritt und zukünftigen Schritten in eine ganz andere Phase eintreten." Auch Putin hatte sich gesprächsbereit gezeigt: "Wir haben heute eine Möglichkeit, im engen und im großen Kreis, über den ganzen Komplex unserer Beziehungen zu sprechen. Einschließlich über die Wiederherstellung der Handelsbeziehungen und den Kampf gegen den Terrorismus."

Erdogan ist um eine Annäherung an Russland bemüht, während die Beziehung zur EU gespannt ist. Hintergrund sind Massenentlassungen und -verhaftungen von mutmaßlichen Putschisten sowie die Diskussion über eine Wiedereinführung der Todesstrafe in der Türkei. Europäische Politiker haben damit gedroht, in diesem Falle die EU-Beitrittsgespräche zu beenden. Die Türkei drohte der EU wiederum erneut damit, das Flüchtlingsabkommen aufzukündigen.

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Erdogan trifft Putin: Gas, Tomaten und ein Atomkraftwerk

Foto: AP/ RIA-Novosti/ Presidential Press Service
vek/kev/Reuters/dpa
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