Angst vor Erdogan Türkische Richter beantragen Asyl

Justizpalast in Istanbul
Foto: BULENT KILIC/ AFPSeit dem Putschversuch im vergangenen Juli in der Türkei sind nach Informationen des SPIEGEL beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) mehrere Hundert Asylanträge türkischer Staatsdiener eingegangen. Bis zum Türkei-Referendum am vergangenen Sonntag lagen diese Fälle auf Eis, demnächst sollen aber die ersten Entscheidungen fallen, heißt es in Behördenkreisen.
Das Bamf hat aufgrund einer alarmierenden Lageeinschätzung des Auswärtigen Amts seine Leitsätze zur Türkei überarbeitet. Im vergangenen Jahr lag die Anerkennungsquote von türkischen Asylbewerbern bei unter zehn Prozent. In Zukunft werde wohl deutlich mehr Türken der Flüchtlingsstatus zugesprochen, sagen Insider - erst recht, wenn die Regierung in Ankara nun tatsächlich die Todesstrafe einführen sollte. Erdogan hat nach seinem Sieg beim Referendum bereits angekündigt, dass er als "erste Aufgabe" diesen Punkt auf die Tagesordnung nehmen wolle. (Lesen Sie hier die ganze Geschichte im neuen SPIEGEL.)
Auch mehrere Richter, die in der Türkei politisch verfolgt wurden, gehören zu den Antragstellern. Erstmals äußern sich zwei von ihnen in der aktuellen Ausgabe des SPIEGEL zu den Umständen ihrer Flucht. Sie bestreiten, der Gülen-Bewegung nahezustehen, die Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan für den Putschversuch im Juli 2016 verantwortlich macht. Bis heute hätten sie nicht erfahren, was genau ihnen vorgeworfen werde.
Ihre Namen standen auf einer Liste mit Namen von fast 3000 Richtern und Staatsanwälten, die direkt nach dem gescheiterten Putsch suspendiert wurden, viele von ihnen wurden inhaftiert. Die beiden nach Deutschland geflüchteten Juristen hoffen nun auf eine Anerkennung als Flüchtlinge und wollen ihre Fälle außerdem vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bringen.
Insgesamt haben 2016 und 2017 fast 7000 Türken in Deutschland Asyl beantragt.