Regierungskrise in Italien Berlusconi überwirft sich mit Fini

Parlamentspräsident Gianfranco Fini: Hatte Berlusconis Regierungsstil mehrfach kritisiert
Foto: TONY GENTILE/ REUTERSHamburg/Rom - Der Machtkampf zwischen Ministerpräsident und seinem Parteikollegen Gianfranco Fini hat in eine Regierungskrise gestürzt. Berlusconi forderte den Parlamentspräsidenten am Donnerstag auf, seinen Posten zu räumen. Fini, einst ein enger Verbündeter des italienischen Regierungschefs, lehnte einen Rücktritt umgehend ab. Das Amt des Präsidenten der Abgeordnetenkammer stehe Berlusconi "nicht auf Abruf zur Verfügung".
Die Regierung werde loyal unterstützt, wenn sie sich im Rahmen des Wahlprogramms bewege, sagte Fini. Man werde allerdings nicht zögern, gegen ihre Vorschläge anzugehen, wenn sie unfair oder gegen das Allgemeinwohl gerichtet seien. Italienischen Medien zufolge kündigten bereits in der vergangenen Nacht 36 Fini-Anhänger im Abgeordnetenhaus an, eine neue Parlamentsgruppe zu gründen. Damit dürfte Berlusconis Regierung keine Mehrheit mehr im Parlament haben.
Derzeit verfügt Berlusconis Regierungspartei PDL ("Volk der Freiheit") im Abgeordnetenhaus zusammen mit der fremdenfeindlichen Lega Nord über eine komfortable Mehrheit von 330 Sitzen, das Oppositionslager kommt auf 269 Sitze.
Finis Positionen seien "absolut unvereinbar" mit denen der PDL, hatte Berlusconi nach Beratungen mit der Parteispitze am Donnerstag gesagt. Die Partei könne nicht länger den "zu hohen Preis offensichtlicher Spaltungen" zahlen. Fini habe eine "Opposition" innerhalb der PDL aufgebaut. Auch "zerstörerische Kritik" warf der Medienmogul dem ehemaligen Postfaschisten Fini vor. Von einem Parteiausschluss Finis, der die Partei mitgegründet hatte, sprach Berlusconi nicht.
Berlusconi soll über Neuwahlen nachdenken
Der Parlamentspräsident hatte Berlusconi in jüngster Vergangenheit mehrfach verärgert. So forderte Fini, dass Amtsträger, die in juristische Auseinandersetzungen verwickelt seien, zurückzutreten müssten: eine klare Anspielung auf Berlusconi.
Fini hatte den Regierungschef auch gezwungen, ein Gesetz abzuschwächen,das die Möglichkeiten der Polizei einschränken sollte, Telefone abzuhören. Darin war vorgesehen, Journalisten zu bestrafen, die Abschriften mitgeschnittener Gespräche veröffentlichen. In mehreren Skandalen spielten mitgeschnittene Telefonate eine wichtige Rolle. Auch die mit Berlusconi verbündete fremdenfeindliche Lega Nord war ein Dauerstreitpunkt zwischen den beiden - Fini warf Berlusconi vor, sich zu stark von ihr beeinflussen zu lassen.
In Berlusconi-nahen Kreisen hieß es, der Regierungschef ziehe Neuwahlen vor, wenn genug Abtrünnige "uns das Leben schwermachen." Pier Luigi Bersani von der größten Oppositionspartei PD (Demokratische Partei) forderte Berlusconi auf, vor dem Parlament Stellung zu beziehen. Der Ministerpräsident müsse eingestehen, dass sich seine Regierung in einer schweren Krise befinde. Berlusconi hatte bereits seit Anfang des Jahres mehrfach Neuwahlen ins Spiel gebracht, sollte der Streit zwischen ihm und Fini zu einem Bruch führen.
Finis postfaschistische Alleanza Nationale (AN) war erst im März vergangenen Jahres in Berlusconis PDL aufgegangen. Die AN war Mitte der neunziger Jahre aus der postfaschistischen Italienischen Sozialbewegung (MSI) hervorgegangen, der Fini schon im Alter von 17 Jahren beitrat. Mit der Umbenennung in AN und dem Zusammenschluss mit Politikern vom rechten Flügel der früheren Christdemokraten wollte Fini sein rechtsradikales Image loswerden.