Tod eines Tänzers Beerdigung in Rio endet im Chaos

Demonstranten in Copacabana: Schmerz und Wut
Foto: Antonio Lacerda/ dpaRio de Janeiro - Nur noch 49 Tage bis zur WM, dann werden alle Augen auf Brasilien gerichtet sein, das Land des Götterfußballs, der Lebenslust. Überdeckt wird die Vorfreude auf das Großspektakel von den gewaltsamen Protesten, die durch das Land schwappen.
In Rio de Janeiro kam es erneut zu schweren Auseinandersetzungen, ausgelöst durch den gewaltsamen Tod des Tänzers Douglas Rafael da Silva Pereira, dessen Leiche in der Nacht zum Dienstag in der Favela Pavão-Pavãozinho entdeckt worden war. Er starb nach einem Polizeieinsatz gegen Drogenhändler, angeblich hielten ihn die Sicherheitskräfte selbst für ein Bandenmitglied.
Die Mutter des Toten erhob bei der Beerdigung ihres Sohnes am Donnerstag schwere Anschuldigungen: Er sei erschlagen worden, gefoltert, nachdem er angeschossen worden sei. Verantwortlich sei die Polizei. Der aufgewühlte Vater sagte: Sein Sohn sei kein Verbrecher gewesen, er habe hart gearbeitet. Man habe Douglas getötet, "wie einen Hund".
Die Leiche da Silvas wurde in einem offenen Sarg ausgestellt, über seinem Gesicht ein zarter Schleier. Dutzende Familienmitglieder, Freunde, Anwohner, Prominente betrauerten den Verlust. Kamerateams filmten die Beerdigung. Anschließend kam es zu den Krawallen.

"Mörder, Mörder", so gellten die Schreie der Demonstranten durch die Häuserschluchten der Millionenmetropole. Sie warfen mit Steinen, Flaschen, Mülleimern. Die brasilianischen Sicherheitskräfte antworteten mit Blendgranaten, Tränen- und Reizgas, trieben die Menge auseinander. Amateurvideos zeigen, wie Polizisten Granaten in die Menge feuern.
Die Anwohner der Favela, die an einem Hügel zwischen den Reichenvierteln Ipanema und Copacabana liegt, unterstellen, dass die Polizei für den Tod des jungen Mannes verantwortlich ist. Der Körper des 26-Jährigen war mit Blessuren überzogen, eine Kugel war in seinen Rücken ein- und unter dem Arm wieder ausgetreten und hatte seine Lunge zerstört. Die Kugel wurde bislang nicht gefunden.
Die Polizei hatte zunächst erklärt, da Silva sei an den Folgen eines Sturzes von einer zehn Meter hohen Mauer gestorben. Jetzt sagen die Ermittler, der junge Tänzer sei an den Folgen des Schusses gestorben. Der Gerichtsmediziner, der die Leiche noch am Fundort untersucht hatte, habe das Einschussloch zunächst nicht entdeckt. Unklar ist, wer den Schuss abgegeben hat. Die Waffen der an dem Einsatz beteiligten Polizisten sind konfisziert und werden untersucht.
Die Fifa glaubt an die "größte Party der Welt"
Der Fußball-Weltverband Fifa glaubt trotz der Proteste noch immer an die "größte Party der Welt". Die Ausschreitungen seien nicht schön, "aber wir glauben weiter fest an das Land, die Städte, die Regierungen und ihr Sicherheitskonzept", sagte der Marketingdirektor Thierry Weil in Rio.
Fifa-Generalsekretär Jérôme Valcke sagte: "Es ist tragisch, aber es kann keine Rede davon sein, dass die WM in Gefahr ist." Er habe Anfragen bekommen, ob in Brasilien ein Bürgerkrieg herrsche - "und ich habe gesagt: Nein!"
Inzwischen warnt das Auswärtige Amt in Berlin: Reisende sollten sich derzeit in Rio de Janeiro von Protesten fernhalten und den Anweisungen der Polizei Folge leisten.
Pavão-Pavãozinho gehört zu den sogenannten befriedeten Favelas. 2008 haben die Behörden ein ambitioniertes Sicherheitsprogramms gestartet, um Drogenhändlerringe aus den Armenvierteln zu verdrängen. Sondereinheiten, sogenannte Befriedungspolizisten, sind permanent in vielen Favela eingesetzt. Die Taktik zeigte Erfolge, jedoch mehren sich in jüngerer Zeit die Vorwürfe gegen die Polizei. In mindestens einem Fall sollen Sicherheitskräfte einen Anwohner zu Tode gefoltert haben. Bewohner der Favelas beklagen zudem, dass die versprochene Verbesserung der Sozialleistungen in den Vierteln ausbleibe.
Seit November ist es in Pavão-Pavãozinho mehrfach zu Schießereien gekommen. Am 13. Juli 2014 findet in der Metropole das Finale der Fußball-WM statt. Und bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio sollen nur wenige hundert Meter entfernt die Schwimmwettbewerbe ausgetragen werden.