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Krieg in Libyen: Hilferuf aus Misurata

Foto: ODD ANDERSEN/ AFP

Ruf nach Bodentruppen Belagerte in Misurata flehen Westen um schnelle Hilfe an

Die Lage in der libyschen Rebellenhochburg Misurata wird immer dramatischer, jetzt bitten die Aufständischen offiziell um Hilfe: Zum Schutz von Zivilisten sollen Frankreich und Großbritannien Bodentruppen schicken. "Wenn sie nicht kommen, werden wir sterben", sagt ein Sprecher.

Misurata - Seit Wochen belagern Gaddafi-Truppen die libysche Küstenstadt Misurata, nun verlangen die Aufständischen den Einsatz von ausländischen Bodentruppen. Ein Rebellensprecher hat offiziell die Entsendung britischer und französischer Soldaten nach Misurata gefordert. Seit dem Beginn der Kämpfe in Libyen starben nach Angaben der Aufständischen bereits 10.000 Menschen, bis zu 55.000 seien verletzt worden.

Der Rebellensprecher Nuri Abdullah Abdullati sagte am Dienstag vor Journalisten in Misurata, die Aufständischen hätten formell um die Entsendung von Bodentruppen für den Schutz von Zivilisten gebeten. Britische und französische Soldaten sollten auf der Basis der "humanitären" Prinzipien nach Misurata entsandt werden. "Wenn sie nicht kommen, werden wir sterben", sagte Abdullati.

Die Bitte sei schon vergangene Woche in Form eines Briefs an den Nationalrat der Aufständischen in Bengasi übermittelt worden, da die Rebellen keinen direkten Kontakt zu den Koalitionstruppen haben. Bisher sei jedoch noch keine Antwort eingetroffen, sagte Abdullati. Der Übergangsrat, der die Verbindung zur Nato hält, hatte sich gegen ausländische Bodentruppen ausgesprochen. Dies sei aber die Haltung vor den "Verbrechen" der Truppen des Diktators Muammar al-Gaddafi gewesen, sagte Abdullati.

Großbritannien gab am Dienstag bekannt, dass es die libyschen Aufständischen mit der Entsendung von Militärexperten unterstützen will. "Erfahrene Militärberater" sollen nach Bengasi geschickt werden, teilte der britische Außenminister William Hague mit. Nach BBC-Informationen handelt es sich um zehn Offiziere. Hague betonte, der Einsatz sei von der Uno-Resolution gedeckt, an Kämpfen mit den Gaddafi-Truppen beteiligten sich die britischen Experten nicht.

Frankreichs Außenminister Alain Juppé betonte am Dienstag in Paris, er sei strikt gegen den Einsatz von Bodentruppen in Libyen. Selbst die Entsendung von Spezialkräften zur Identifizierung von Zielen lehne er ab.

Wasser und Medikamente werden knapp

Die USA wiederum erwägen Waffenlieferungen an die Rebellen. Man arbeite weiter an dieser Möglichkeit, sagte Außenamtssprecher Mark Toner in Washington. "Alle Optionen bleiben auf dem Tisch", fügte er am Dienstag vor Journalisten hinzu. Einzelheiten nannte er allerdings nicht. Die USA erklären seit Wochen, Waffenlieferungen an die Aufständischen seien nicht ausgeschlossen.

Mit Blick auf die angekündigte Entsendung britischer Militärberater nach Libyen verwies Toner erneut auf die Linie von Präsident Barack Obama. Demnach werden keine US-Bodentruppen nach Libyen geschickt.

Misurata wird seit sechs Wochen von den Truppen von Machthaber Gaddafi belagert und unter Beschuss genommen. In der 400.000-Einwohner-Stadt sind Essen, Wasser, Treibstoff, Medikamente und Strom knapp, die Lage ist verzweifelt. Die Regierungstruppen setzen russische Grad-Raketen und Streubomben ein. Hilfsorganisationen befürchten eine Massenflucht aus der Stadt. Ein von Katar gechartertes griechisches Schiff steht bereit, um mehr als tausend verletzte Libyer sowie ausländische Arbeiter, vor allem aus dem Niger und dem Tschad, abzuholen. Außerdem soll das dritte Schiff der Internationalen Organisation für Migration in den kommenden Tagen in Misurata eintreffen, um tausend weitere Gastarbeiter aus der Stadt zu holen.

Gaddafi-Sohn gibt sich siegesgewiss

Die Nato bombardierte nahe der libyschen Hauptstadt Tripolis nach eigenen Angaben "Kommando- und Kontrollanlagen" von Gaddafis Armee. Zugleich räumte die Militärallianz in Brüssel ein, dass Lufteinsätze den Schutz von Zivilisten nicht sicherstellen könnten, weil die Gaddafi-Truppen ihre Panzer mit Zivilisten als menschlichen Schutzschilden sicherten.

Einer der Söhne des libyschen Machthabers Gaddafi, Saif al-Islam, zeigte sich in einem Interview ein weiteres Mal überzeugt vom Sieg der Regierungstruppen. "Ich bin sehr optimistisch, dass wir siegen werden", sagte er dem Fernsehsender Allibya. "Die Lage entwickelt sich täglich mehr zu unseren Gunsten."

ffr/AFP/dpa
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