Rumänischer Wahlsieger Klaus Johannis Allein gegen die Mafia

Gegen Schmutzkampagnen und Korruption: Klaus Johannis hat die Präsidentenwahl in Rumänien gewonnen, obwohl die Postkommunisten ihn mit allen Mitteln verhindern wollten. Nun soll der deutschstämmige Politiker dem Land eine Perspektive geben.
Rumänischer Wahlsieger Klaus Johannis: Allein gegen die Mafia

Rumänischer Wahlsieger Klaus Johannis: Allein gegen die Mafia

Foto: RADU SIGHETI/ REUTERS

In Rumänien soll es ein Deutschstämmiger richten: Klaus Johannis, 55, Bürgermeister im siebenbürgischen Hermannstadt (rumänisch: Sibiu) und Angehöriger der Minderheit der Siebenbürger Sachsen ist bei der Stichwahl für das Amt des rumänischen Staatspräsidenten am Sonntag mit klarer Mehrheit gewählt worden.

Johannis war zwar nicht chancenlos ins Rennen gegangen, dennoch ist das Ergebnis eine Sensation - immerhin hatten die korrupten wendekommunistischen Machthaber aus der Sozialdemokratischen Partei (PSD), deren Vorsitzender Victor Ponta ist, kaum einen Wahlbetrugsversuch, kaum einen schmutzigen persönlichen Vorwurf und kaum eine nationalistische Hetzerei ausgelassen, um Johannis zu verhindern. Das zeigten auch die kilometerlangen Schlangen rumänischer Wähler vor Botschaften und Konsulaten in Europa, in denen die Abstimmung bewusst behindert wurde.

"Rumänien wählt deutsch"

Als sich in der Nacht zum Montag dennoch ein Sieg für Johannis abzeichnete, warteten die meisten unabhängigen Medien im Land mit Superlativen auf: Es sei ein "historischer Wahlsieg", titelten sie, viele Politologen und Publizisten sprachen von einem "Sieg der Wahrheit über die Lüge" und einem "Sieg der Ehrlichkeit und des Anstands über Mafia und Korruption". Der Fernsehsender Realitatea TV blendete in seine Sendungen das Banner ein: "Rumänien wählt deutsch".

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Präsidentschaftswahl: Der Deutsche für Rumänien

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Tatsächlich ist in der postkommunistischen Geschichte Rumäniens noch nie zuvor eine so unverfroren betrügerisch agierende Regierungsmehrheit bei einer Wahl so klar gescheitert. Erstmals haben so viele Rumänen auf so beeindruckende Weise ihr Wahlrecht eingeklagt - ein Recht, für das vor 25 Jahren während des blutigen Sturzes der Ceausescu-Diktatur, Menschen starben. Und vor allem: Noch nie wurde in Rumänien, wo weite Teile der Gesellschaft durchaus für nationalistische Parolen empfänglich sind, ein Nicht-Rumäne als Staatsoberhaupt gewählt.

In Klaus Johannis sehen viele Rumänen den anständigen und verlässlichen Deutschen, der "schweigt und macht", wie es in einer rumänischen Redewendung heißt. Johannis ist zumindest bislang immun geblieben gegen die geschwätzige Selbstgefälligkeit und die Korruptheit des rumänischen Politikbetriebes.

Hermannstadt als europäische Kulturhauptstadt

Tatsächlich ist Johannis kein Mann der vielen Worte, oft findet er nicht die passenden. Er wirkt bedächtig, in der rumänischen Politszene zuweilen sympathisch schwerfällig. Über sein Image als anständiger Deutscher lächelt er. In Gesprächen sagt er immer wieder Sätze wie: "Ich war oft in Deutschland. Ist ja alles sehr schön dort. Man lebt da sicher viel besser als hier. Aber ich fühle mich mit diesem Land verbunden, und ich sehe meine Zukunft hier."

Geboren 1959 in Hermannstadt in einer siebenbürgisch-sächsischen Familie, arbeitete er als Physiklehrer, später als Kreisschulinspektor. Eher ungewöhnlich für einen Sachsen, heiratete er eine Rumänin. Als nach dem Sturz des Diktators Ceausescu die meisten Rumäniendeutschen auswanderten, darunter auch Johannis' Eltern und seine Schwester, blieb er. Im Jahr 2000 trat er in Hermannstadt als Bürgermeisterkandidat an und gewann haushoch. Binnen weniger Monate verschwand der Müll von den Straßen und die Korruption in der Stadtverwaltung, verlässliche Investoren kamen, 2007 wurde Hermannstadt europäische Kulturhauptstadt. Dreimal wurde er mit haushoher Mehrheit wiedergewählt - in einer Stadt, in der die Deutschen inzwischen weniger als 1,5 Prozent der Einwohner stellen.

Als Bürgermeister schaffte es Johannis, im Stadtrat immer wieder parteiübergreifende Mehrheiten für seine Projekte zu gewinnen - in Rumänien eine Seltenheit, sofern dabei für die Beteiligten persönlich nichts herausspringt. Auch als Staatspräsident will er weder eine völlig dekorative Rolle einnehmen, noch ein "Spieler" sein wie sein Vorgänger Traian Basescu, der das Land mit seinem polemischen, intriganten Stil zuletzt immer mehr gespalten hat.

Ob Johannis das gelingt, ist fraglich. Der Bukarester Politdschungel ist nicht das beschauliche Hermannstadt. Als Staatspräsident hat Johannis nicht allzu viel Macht, aber wenn er seine Spielräume geschickt nutzt, hat er einige Einflussmöglichkeiten. Er steht für eine proeuropäische Ausrichtung Rumäniens und verspricht einen konsequenten Kampf gegen Korruption, in dem Land, das zu den ärmsten in der EU gehört. Ein großes Versprechen hat er in der Wahlkampagne schon auf seine Weise eingelöst - dass er mit seiner Person für einen Wandel der politischen Kultur steht. Nach einer Fernsehdebatte vor wenigen Tagen, in der Ponta ihn regelrecht in den Dreck gezogen hatte, sagte er: "Lieber verliere ich, als mich auch so wüst zu benehmen."

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