Rumänien Chef der Sozialdemokraten im Gefängnis

Liviu Dragnea
Foto: Octav Ganea/REUTERSEin Berufungsgericht in Rumänien hat die Haftstrafe für den umstrittenen Parteichef der regierenden Sozialdemokraten wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch in einer Scheinbeschäftigungsaffäre bestätigt. Das Oberste Gericht in Bukarest wies die Berufung von Liviu Dragnea zurück. Stunden nach dem Urteilsspruch wurde Dragnea zu Hause von der Polizei abgeholt und in ein Bukarester Gefängnis gebracht, alle rumänischen TV-Nachrichtensender übertrugen dies live.
Dragnea war bereits vor einem Jahr beschuldigt worden, einst als Regionalpräsident im südrumänischen Bezirk Teleorman für fiktive Anstellungen beim Jugendamt mitverantwortlich gewesen zu sein. Die zwei fiktiven Angestellten hatten laut Urteil von 2006 bis 2013 Gehalt von dem Amt kassiert, aber für die Partei PSD gearbeitet. In der gleichen Sache verurteilte das Oberste Gericht neun weitere Personen zu Haftstrafen. Der 56-jährige Dragnea hatte die Vorwürfe abgestritten und war gegen das Urteil in Berufung gegangen.
Nach der Abweisung seiner Berufung muss er sich nun binnen 24 Stunden bei der Polizei melden, um seine dreieinhalbjährige Haftstrafe anzutreten. Bei der Urteilsverkündung war er nicht anwesend.
Deutliche Verluste bei der Europawahl
Der 56-jährige gilt als mächtigster Politiker des südosteuropäischen Landes. Aufgrund einer weiteren Verurteilung wegen Wahlbetrugs aus dem Jahr 2016 konnte er nach dem Wahlsieg der Sozialdemokraten im selben Jahr aber nicht Regierungschef werden.
Bei der Europawahl hatten die rumänischen Sozialdemokraten am Sonntag deutliche Verlust erlitten. Die PSD kam vorläufigen Ergebnissen zufolge nur auf 23,4 Prozent der Stimmen, die liberal-konservative Partei PNL und das Bündnis USR-PLUS holten zusammen gut 48 Prozent. Zuvor hatten die EU-Sozialdemokraten ihre Zusammenarbeit mit der PSD auf Eis gelegt. Der Grund: Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit.
Im Wahlkampf hatte eine Debatte über umstrittene Justizreformen der Regierung eine große Rolle gespielt. Angesichts der Kritik aus Brüssel an den Gesetzesvorhaben hatten führende Politiker der PSD vermehrt auf eine nationalistische und europaskeptische Rhetorik gesetzt. Rumäniens Präsident Klaus Johannis (PNL) feierte das Wahlergebnis als Votum gegen die Regierung und für ein "europäisches Rumänien".
Am Sonntag fand parallel zur Europawahl auch ein Referendum über die Justizreformen statt, dessen Ergebnis noch aussteht. Das nötige Quorum von 30 Prozent wurde aber erreicht und es wird damit gerechnet, dass sich die Mehrheit der Wähler gegen die Pläne der Regierung ausgesprochen hat. Die von Präsident Johannis anberaumte Volksabstimmung ist aber rechtlich nicht bindend.