Russische Regierung wehrt sich
"Kein verbotener Kampfstoff eingesetzt"
Erstmals hat die russische Regierung auf die immer lauter werdende Kritik an der Geiselbefreiung in Moskau reagiert. Gesundheitsminister Schewtschenko sagte, das eingesetzte Gas verstoße nicht gegen die Chemiewaffen-Konventionen.
Moskau - Die russischen Spezialkräfte haben zur Beendigung des Geiseldramas nach offiziellen Angaben in Moskau ein Gas auf der Basis von Fentanyl-Derivaten eingesetzt. Das erklärte Gesundheitsminister Juri Schewtschenko am Mittwoch in Moskau. "Ich erkläre offiziell, dass chemische Mittel, die unter die Bestimmungen der internationalen Konvention über das Verbot von Chemiewaffen fallen, im Rahmen der Spezialoperation (zur Befreiung der Geiseln) nicht eingesetzt wurden", sagte der Minister nach Angaben der Agentur Interfax.
Das betäubende Mittel werde auch in der medizinischen Heilpraxis verwendet. Es sei kein verbotener Kampfstoff benutzt worden. Fentanyl wird in Deutschland als Narkosemittel gespritzt und auch gegen Schmerzen eingesetzt.
Bis zum Mittwoch hatte sich die russische Regierung geweigert, Details über das eingesetzte Gas zu nennen. Angeblich wollte man damit verhindern, dass sich zukünftige Geiselnehmer auf das Gas einstellen könnten. Ärzte und Experten hatten spekuliert, dass es sich bei dem Betäubungsgas um einen chemischen Kampfstoff handelt. Unabhängig von der aktuellen Rechtfertigung des russischen Gesundheitsministers steht jedoch fest, dass bis auf zwei alle 119 Toten durch das Gas der Polizei starben.
Auch gegen diese Tatsache wehrte sich der Minister. "Allein können diese Mittel keinen tödlichen Ausgang hervorrufen", sagte er. Vielmehr hätten viele Geiseln bereits an Sauerstoff- und Flüssigkeitsmangel sowie an Hunger gelitten, als die Erstürmung des Gebäudes und der Gaseinsatz begannen. "Diese Faktoren haben zum Tod bei einem Teil der Geiseln geführt", sagte Schewtschenko.