Kremlkritiker
Behörden durchsuchen Wohnung und Büro von Nawalny
Alexej Nawalny sitzt im Gefängnis. Seine Inhaftierung sorgt in Russland für heftige Proteste. Nun durchsuchen die Behörden Büro und Wohnung des Kremlkritikers.
Der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny wurde vor einer Woche direkt nach seiner Rückkehr nach Russland festgenommen. Nun nehmen die Behörden die Wohnung des Kremlkritikers ins Visier. In Moskau seien maskierte Beamte in das Apartment eingedrungen, schreibt der Nawalny-Vertraute Iwan Schdanow auf Twitter. Dort befinde sich Nawalnys Bruder Oleg.
Später postete Schdanow auch ein Video, in dem die Stimme von Nawalnys Frau Julija zu hören ist. Zu sehen ist die Wohnungstür, zu hören Schläge von außen dagegen, dazu Julija Nawalnayas Stimme. Es bringe nichts die Tür aufzubrechen, sie sei blockiert, sagt sie ruhig. »Mein Anwalt kommt in 15 Minuten.« Wie der unabhängige Sender TV Rain berichtete, wurde die Juristin zunächst nicht in die Wohnung vorgelassen.
Zeitgleich drangen zahlreiche überwiegend maskierte Beamte in das Büro von Nawalnys Antikorruptionsstiftung ein, auch hier brachen sie die Tür auf. Grund der Durchsuchung seien Verstöße gegen die Auflagen, erlassen aufgrund der Corona-Pandemie, meldete Ljubow Sobol, Mitarbeiterin von Nawalny, sie ist vor Ort.
Zudem werden Wohnungen mehrerer Mitarbeiter von Nawalny durchsucht, die bereits in Haft sitzen, wie Sobol und Schdanow auf Twitter berichteten.
Nawalny war am 17. Januar nach seiner Rückkehr aus Deutschland am Moskauer Flughafen Scheremetjewo festgenommen worden. Am 2. Februar soll sich Nawalny wegen des Vorwurfs verantworten, er habe gegen die Auflagen aus einer 2014 verhängten und zur Bewährung ausgesetzten Strafe verstoßen. Die Strafe könnte dann in eine Haftstrafe umgewandelt werden.
Auf Nawalny war am 20. August ein Giftanschlag verübt worden. Er wurde danach zur Behandlung nach Deutschland gebracht. Nawalnys Vertrauter Leonid Wolkow bezeichnete den FSB als »Vergifter«. Nawalny selbst hatte den russischen Präsidenten Wladimir Putin für die Giftattacke verantwortlich gemacht. Über die Rolle der Präsidialverwaltung sagte Wolkow, dass dort »die Entscheidungen getroffen« würden, ob Nawalny »ins Gefängnis kommt oder freigelassen wird«.
Am Samstag hatten Zehntausende Menschen in zahlreichen Städten Russlands die Freilassung Nawalnys gefordert. Nach einer Zählung der Nichtregierungsorganisation OWD-Info wurden fast 3900 Teilnehmer der Kundgebungen festgenommen.
Nawalny-Anhänger rufen zu neuen Protesten auf
Für kommenden Sonntag haben Anhänger des Kremlkritikers erneut zu Demonstrationen aufgerufen. In einer Facebook-Nachricht, die am Dienstag verbreitet wurde, kündigten die Organisatoren Versammlungen an, die gleichzeitig um 12 Uhr Ortszeit vor der FSB-Zentrale und auf dem Staraja-Platz stattfinden sollen. »Dann ziehen wir durch Moskau«, heißt es in dem Aufruf weiter. »Wir werden unsere Marschroute je nach der Lage bestimmen.«
Auch die G7-Staaten haben die Verhaftung Nawalnys scharf kritisiert und seine sofortige Freilassung gefordert. »Wir, die G7-Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Japans, Kanadas, des Vereinigten Königreichs und der Vereinigten Staaten von Amerika sowie der Hohe Vertreter der Europäischen Union, verurteilen gemeinsam die politisch motivierte Festnahme und Inhaftierung Alexej Nawalnys«, hieß es in einer am Dienstagabend veröffentlichten Erklärung.
Nawalny solle »umgehend und ohne Vorbedingungen« freigelassen werden, Russland müsse sich an internationale Verpflichtungen halten und die Menschenrechte achten. Der Einsatz chemischer Waffen gegen einen Oppositionspolitiker, wie er im Fall Nawalnys nachgewiesen sei, unterminiere »die Demokratie, unabhängige Stimmen und den politischen Pluralismus in Russland«.