Aktion Modernes Russland Ohne Smog gibt's kein Gehalt

Russland soll sich während der WM von seiner schönsten Seite zeigen, so will es Wladimir Putin. Smog passt da gar nicht ins Bild. Probleme bei der Umsetzung des Plans gehen zu Lasten von Arbeitern.
Von Maxim Kireev
Stahlhersteller "Roter Oktober" in Wolgograd

Stahlhersteller "Roter Oktober" in Wolgograd

Foto: MLADEN ANTONOV/ AFP

Wladimir Putin will die WM dazu nutzen, um Russland als modernes Land zu präsentieren. Schmutzige Fabriken und rauchende Schlote passen da gar nicht ins Bild. So haben allein im Gebiet Swerdlowsk am Ural, der industriell geprägten Region um den Austragungsort Jekaterinburg, 16 Unternehmen ihre Mitarbeiter für die Zeit der WM in die Ferien geschickt. Die Unternehmen hätten genug Zeit gehabt, um sich vorzubereiten und ihren Urlaubsplan anzupassen, erklärte der Industrieminister des Gebiets.

Doch nicht überall verlaufen die Schließungen so glatt wie am Ural. So etwa beim Stahlhersteller "Krasnyj Oktjabr" (Roter Oktober) in Wolgograd, dessen Produktionsanlagen kurz vor der WM für zwei Monate stillgelegt worden sind. Das Unternehmen ist ein wichtiger Lieferant des Panzerherstellers Uralwagonzavod. In den vergangenen Monaten berichteten Wolgograder Lokalmedien wiederholt von orangefarbenen Abgaswolken, die sich vom Werksgelände aus über die Stadt verbreitet hatten.

Die Eigentümer des Betriebs erklärten ihrerseits, man habe die Produktion gestoppt, um eine moderne Filteranlage zu installieren. Ein Schritt, der lange geplant gewesen sein. Mit der WM sei jetzt die passende Zeit dafür gefunden worden. Der Stahlhersteller ist den lokalen Behörden schon lange ein Dorn im Auge: Bislang wurden alle Auflagen, eine Filteranlage zu installieren, ignoriert. Gleichzeitig läuft gegen das Unternehmen ein Verfahren wegen nicht bezahlter Steuern.

Die Leidtragenden der vorübergehenden Schließung sind hingegen vor allem die Mitarbeiter. In einem Brief an Präsident Putin beschwerten sich Gewerkschaftsvertreter, dass mehr als 3000 Arbeiter entlassen wurden. Andere würden ihr Gehalt verspätet oder nur zu einem Teil ausgezahlt bekommen.

Am 18. Juni planen aufgebrachte Mitarbeiter des Stahlwerks einen Streik und eine Demonstration in Wolgograd. An diesem Tag spielen in der Stadt an der Wolga die Nationalmannschaften von Tunesien und England. Bisher ist unklar, ob die Stadtregierung die Demonstration genehmigt hat.

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