
Winterspiele 2014: Opposition prangert Kostenexplosion an
Olympia-Korruption Putins teurer Winterspaß
Russlands Opposition übt Kritik an den explodierenden Kosten für die Olympischen Winterspiele in der Schwarzmeerstadt Sotschi 2014. Bei der Vergabe 2007 hatte Präsident Wladimir Putin die Ausgaben auf rund 12 Milliarden Dollar beziffert, tatsächlich könnte das Prestige-Projekt des Kremls aber mehr als 50 Milliarden Dollar kosten. Grund für die Kosten-Explosion ist nach Ansicht des Oppositionspolitikers Boris Nemzow die grassierende Korruption.
Bei den Bauarbeiten seien 25 bis 30 Milliarden Dollar versickert, zu diesem Schluss kommt ein von Nemzow vorgestellter Bericht. Milliardensummen seien in die Taschen von Putin-Vertrauten und Oligarchen gewandert. Die Winterspiele drohten für Russland "nicht Triumph, sondern eine Schande" zu werden.
Nemzow, ein ehemaliger Gouverneur und Vizepremier unter Staatschef Boris Jelzin, gehört zu den Anführern der Putin-Gegner. Sotschi ist seine Geburtsstadt. 2009 kandidierte Nemzow als Bürgermeister, musste sich aber dem Kandidaten der Kreml-Partei "Einiges Russland" geschlagen geben.
Der Oppositionsbericht wirft ein Schlaglicht auf die dramatischen Kostensteigerungen bei Bauprojekten in Sotschi.
- Das Olympia-Stadion "Fischt", in dem 2018 auch Spiele der Fußball-Weltmeisterschaft ausgetragen werden sollen, wird statt geplanten 7,5 Milliarden Rubel mindestens 23,5 Milliarden Rubel kosten (rund 780 Millionen Dollar). Jeder der 40.000 Zuschauerplätze kostet demnach 19.500 Dollar. Bei Olympischen Spielen der Vergangenheit habe der Durchschnittswert bei gerade einmal 6000 Dollar gelegen, rechnet Nemzow vor.
- Auch das Hockey-Stadion "Bolschoi" (300 Millionen Dollar) wird deutlich teurer als geplant. Ein Zuschauerplatz kostet 25.000 Dollar, Olympia-Durchschnitt sind laut dem Bericht 10.800 Dollar für Hockey-Arenen.
- Der Bau von Straßen und Eisenbahnstrecken ist teurer als in Europa und den USA. Die Kosten für ein 11 Kilometer langes Autobahnstück belaufen sich auf rund 1,9 Milliarden Dollar. Umgerechnet sind das 170 Millionen Euro pro Kilometer.
- Die Autobahn-Strecke zum Ski-Gebiet Krasnaja Poljana wird mit neun Milliarden Dollar etwa dreimal teurer als zunächst veranschlagt. Sie kostet damit mehr als die gesamte Winterolympiade 2010 in Vancouver (rund sechs Milliarden Dollar).
Anders als die kanadische Metropole verfügte Sotschi vor der Bewerbung kaum über olympia-taugliche Infrastruktur. Sportstätten und Hotels, aber auch Wintersportgebiete und Straßen müssen neu gebaut werden. Die geografische Lage zwischen Küste und den Ausläufern des Kaukasusgebirges erschwert viele Arbeiten.
Viele Bauprojekte wurden ohne Ausschreibung vergeben
Oppositionspolitiker Nemzow hat eine weitere Erklärung für die astronomischen Kosten: Viele Bauprojekte wurden ohne Ausschreibung vergeben. Oft kamen dabei kreml-nahe Oligarchen und Putin-Freunde zum Zug, etwa die Gebrüder Rotenberg. Arkadij und Boris Rotenberg sind Wladimir Putin seit der Jugend freundschaftlich verbunden, der Präsident war ihr Judopartner.
Rotenberg-Firmen bauen Gasleitungen in Sotschi, den Flughafen und bekamen besonders häufig den Zuschlag beim Straßenbau. Der Sektor gilt in Russland als chronisch korruptionsverseucht. Das olympische Auftragsportfolio der Rotenbergs beläuft sich laut Nemzow auf rekordverdächtige sieben Milliarden Dollar.
Arkadij Rotenberg war 2010 zum ersten Mal in der Liste der reichsten Russen des Magazins Forbes aufgetaucht. Zuletzt machte er von Rang 63 einen Satz nach vorn auf Position 31. Sein Vermögen wird auf 3,3 Milliarden Dollar taxiert.
Die explodierenden Kosten für die Spiele ärgern nicht nur Oppositionspolitiker wie Nemzow. Auch die Tageszeitung "Nesawisimaja Gaseta" kritisierte die Ausgaben zuletzt als "unanständig hoch".
Nemzows Schätzung, insgesamt seien in Sotschi 25 bis 30 Milliarden Dollar versickert, ist allerdings vage. Sie stützt sich nicht auf Ermittlungen oder Rechnungshof-Dokumente, sondern auf Erfahrungswerte bei früheren Winterspielen.