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Wahl in Russland: Putins Sieg

Foto: GRIGORY DUKOR/ REUTERS

Putin gewinnt Russland-Wahl Ein Sieg wie gemacht

Wladimir Putin hat sich als Präsident haushoch im Amt bestätigen lassen. Auch wenn die Staatsmacht sehr viel Aufwand betrieb - die Mobilisierung gelang nicht immer. Und wieder gab es etliche Unregelmäßigkeiten.

Es war ein bisschen wie auf dem Jahrmarkt: Sowjetschlager dudelten aus den Boxen, Kinder konnten vor Moskauer Wahllokalen Hockey spielen oder einen der Luftballons in den Landesfarben Weiß, Rot, Blau bekommen, Erwachsene Wurst und Gemüse an Essensständen zu niedrigen Preisen kaufen. "Ich habe den Präsidenten gewählt"-Buttons wurden verteilt - als Dankeschön für die Stimmabgabe. Wahlen wie Volksfeste zu inszenieren, war schon zu Sowjetzeiten gute Tradition - doch bei dieser Präsidentschaftswahl gab sich die Staatsmacht besonders viel Mühe.

Dass der alte auch der neue Präsident Russlands sein wird, nämlich Wladimir Putin, war allen vorher klar. Erste Teilauszählungen sehen ihn bei 76,65 Prozent (Stand nach Auszählung von 99 Prozent der Stimmen). Er wird damit sechs weitere Jahre an der Spitze Russlands stehen, 18 Jahre führt er das Land als Staatschef (und zwischendurch als Premier) bereits.

Langzeitpräsident Putin hat die Abstimmung haushoch gewonnen, so war es vorhergesehen. Echte Gegner wie etwa der Oppositionelle Alexej Nawalny waren erst gar nicht zugelassen worden, obwohl er angesichts der massiven Propaganda eh keine Chance gehabt hätte. Umfragen sahen Nawalny allenfalls bei zwei Prozent. Die sieben anderen zugelassenen Kandidaten waren chancenlos. Sie waren Zählkandidaten, um die Zeit vor der Abstimmung interessanter zu gestalten, in der sich Putin weitgehend aus dem Wahlkampf zurückhielt.

Doch so ganz dürfte die Rechnung des Putinlagers bei dieser Abstimmung nicht aufgegangen sein. 70 Prozent Wahlbeteiligung hatte der Kreml den Gouverneuren in den Regionen vorgegeben, eine sehr ehrgeizige Zielmarke.

Geradezu aggressiv hatte die nationale Wahlkommission für die Abstimmung geworben: in den sozialen Medien, per schriftlicher Einladung und SMS, mit Plakaten in den Geschäften, Restaurants und sogar in der Sauna. Die Bürger konnten quasi keinen Schritt tun, ohne an den Wahltag erinnert zu werden.

60 Prozent Wahlbeteiligung meldete der Staatssender Rossija 24 den ganzen Sonntagabend bis etwa 22 Uhr Moskauer Zeit. Damit lag sie geringer als bei der letzten Präsidentschaftswahl 2012, damals meldeten die Behörden 65,34 Prozent. Die Wahlbeteiligung fiel aber höher aus als bei der Parlamentswahl, wo die Quote nur 47,88 Prozent betragen hatte.

In der Nacht aber kletterte die Wahlbeteiligung dann auf einmal auf 67 Prozent, wie Interfax mit Bezug auf die Wahlkommission meldete. Damit hat sich die Quote im Vergleich zu Putins dritter Wahl zum Präsidenten im Jahr 2012 etwas verbessert, reicht aber nicht an das Ergebnis von 2008 ran. Damals lag die Wahlbeteiligung bei der Präsidentenwahl mit Dmitrij Medwedew bei knapp 70 Prozent.

Für Putin kam es vor allem darauf an, bei einer Abstimmung bestätigt zu werden, an der eine überzeugende Anzahl an Bürgern teilnimmt und die ihm so Legitimität verleiht. Diesen Anschein zu wahren, auch für das Bild im westlichen Ausland, ist für ihn unerlässlich. Deshalb war die Beteiligung an dieser Abstimmung, die eigentlich mehr ein Referendum über den Amtsinhaber als eine Wahl zwischen unterschiedlichen wettstreitenden Politikern war, so entscheidend.

Druck auf Wähler

Stimmberechtigte wurden an die Urnen gelockt, etwa Erstwähler mit Konzertkarten, viele andere aber dazu verpflichtet. Es mehrten sich Meldungen den Sonntag über, dass in Behörden, Gefängnissen, staatlichen Krankenhäusern, Schulen, Universitäten und Betrieben Mitarbeiter durch Unterschrift die Stimmabgabe bestätigen - viele sollten nach der Wahl Vollzug melden, entweder durch eine Bescheinigung des Wahllokals oder gar ein Foto. Das Verteidigungsministerium erklärte am Abend, 98 Prozent der Soldaten hätten an der Wahl teilgenommen.

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18 Jahre an der Macht: Die Ära des Wladimir Putin

Foto: Maxim Shipenkov/ dpa

Auffällig war, dass viele Wähler die Möglichkeit nutzten, an ihrem Aufenthaltsort zu wählen - und nicht am Ort ihrer ständigen Registrierung (der nicht unbedingt der Wohnort in Russland sein muss). Das war erstmals bei dieser Abstimmung möglich gemacht worden.

Im Wahllokal 11 in Moskau bestand die Schlange zeitweise aus zehn Mal so vielen Wählern, als in dem Bezirk registriert waren. Ob durch diese Regelung Mehrfachabstimmungen im großen Stil erleichtert wurden, ist noch unklar. Allerdings tauchten in diesem Wahllokal am Morgen 20 Arbeiter einer staatlichen Baufirma auf, deren Sitz 14 Kilometer entfernt liegt und die mit einem Bus gebracht wurden. "Warum kommen sie hierher?", fragte Dmitrij Tscharoktschjan, Wahlbeobachter der liberalen Jabloko-Partei. "Es ist nicht auszuschließen, dass sie auch noch woanders gewählt haben." Karussell heißt diese Art der Wahlfälschung, das Votieren gleich an mehreren Orten. Ein Mitarbeiter der Präsidentschaftskandidatin Xenia Sobtschak konnte jedenfalls zwei Mal seine Stimme abgeben, meldete ihr Wahlbüro am Abend. Die Wahlkommission hatte vor dem Votum betont, dass dies nicht ohne Weiteres möglich sei, man habe Vorkehrungen getroffen.

Hunderte Verstöße

Auch sonst ging es nicht ganz so sauber zu, wie es die Behörden weismachen wollten. Wieder wurden zahlreiche Wahlverstöße festgestellt, nicht nur im Kaukasus, wo Beobachter aus dem Wahllokal 1126 in Machatschkala, Dagestan, geprügelt wurden, damit sie nicht dabei störten, wie Bündel von Wahlzetteln in die Urnen gestopft werden.

In der Region Kemerowo, die in der Vergangenheit immer eine hohe Wahlbeteiligung und sehr gute Putin-Ergebnisse lieferte, wurden im Wahllokal 268 beim Auszählen Luftballons vor eine Kamera geschoben, die Livebilder übertrug (Minute 00:45):

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Einen Wahlzettel nach dem anderen warf dieser Mann in der Region Swerdlowsk im Wahllokal 2371 in die Urne:

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Die unabhängigen Wahlbeobachter von Golos registrierten erneut Hunderte Verstöße, oftmals ging es auch darum, dass Wähler nicht richtig gelistet wurden. In Sankt Petersburg wurden zum Beispiel die Bewohner eines Hauses im Wahllokal abgewiesen, weil sie alle ohne ihr Wissen nach Dagestan und Inguschetien umregistriert worden waren, wie das Nachrichtenportal Fontanka.ru meldete.

Im Staatsfernsehen wurde all das natürlich nicht thematisiert. Eine Moderatorin lobte stattdessen die "Rekordbeteiligung". Sie liege weit höher als in vielen westlichen Ländern. Russland habe wirklich aktive Wähler, lobte sie.

Mitarbeit: Ekaterina Kuznetzova
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