Sacharow-Preis EU ehrt zwei inhaftierte Aktivisten in Iran

Das Europäische Parlament zeichnet erstmals zwei iranische Aktivisten mit dem Sacharow-Preis aus. Die Menschenrechtsanwältin Nasrin Sotude und der Filmemacher Jafar Panahi hätten sich der Einschüchterung nicht gebeugt, sagte Parlamentspräsident Martin Schulz. Beide Iraner sitzen in Haft.
Preisträger Panahi und Sotude: "Klare Absage an das Regime in Teheran"

Preisträger Panahi und Sotude: "Klare Absage an das Regime in Teheran"

Foto: AFP

Straßburg - Die prominente Anwältin Nasrin Sotude und der berühmte Filmregisseur Jafar Panahi aus Iran sind die diesjährigen Preisträger des Sacharow-Preises des EU-Parlaments. Die Fraktionschefs einigten sich am Freitag einstimmig mit Parlamentspräsident Martin Schulz, den mit 50.000 Euro dotierten Preis gemeinsam an Sotude und Panahi zu vergeben.

"Das war das erste Mal, dass über einen Sacharow-Preis einstimmig entschieden wurde", sagte der SPD-Politiker. Dies zeige, dass das gesamte Europaparlament hinter dem iranischen Volk stehe, das in einem "schrecklichen Regime unter schrecklichen Umständen" lebe. Beide Aktivisten sitzen im Gefängnis. Es ist die erste Auszeichnung für iranische Oppositionelle durch das EU-Parlament.

Mit der Auszeichnung zeige das Parlament seine "Solidarität und Bewunderung für einen Mann und eine Frau, die sich der Angst und Einschüchterung in ihrem Land nicht beugen", erklärte Schulz in Straßburg.

Der Preis für die beiden Iraner sei auch eine "klare Absage an das Regime in Teheran", sagte er unter anhaltendem Applaus der Abgeordneten. Die 47 Jahre alte Anwältin habe sich "mutig und großzügig" für Oppositionelle und kritische Journalisten eingesetzt. Sie habe gegen die Todesstrafe und für die Menschenrechte gekämpft. Dafür sei Sotude wegen eines "Angriffs auf die nationale Sicherheit" zu elf Jahren Haft verurteilt worden.

Preisverleihung am 12. Dezember

Der 52-jährige Regisseur Panahi zeige in seinen Filmen auch die Alltagsprobleme der Iraner. Deswegen sei er in seinem Land "zum Schweigen gebracht" worden, sagte Parlamentspräsident Schulz. Regime wie das in Teheran wollten nicht, dass die "bittere Realität" dargestellt wird. Panahi gehört zu den wichtigsten unabhängigen Regisseuren aus Iran. Den Durchbruch schaffte er 1995, als er für "Der weiße Ballon" mit der Goldenen Palme von Cannes ausgezeichnet wurde. Für "Offside" erhielt er 2006 den Silbernen Bären der Berlinale. 2010 wurde er selbst festgenommen und zu sechs Jahren Haft verurteilt. Zudem verhängte der Staat ein Ausreiseverbot und ein 20-jähriges Berufsverbot.

Der Preis "für die Freiheit des Geistes" wird am 12. Dezember in Straßburg übergeben. Schulz rief die Regierung in Teheran auf, den Preisträgern die Ausreise zu erlauben, damit sie die Auszeichnung persönlich entgegennehmen können. Weitere Kandidaten für die Auszeichnung in diesem Jahr waren die Kreml-kritische russische Punkband Pussy Riot und der inhaftierte weißrussische Menschenrechtsaktivist Ales Bialiatski.

Im Vorjahr gewannen fünf Aktivisten des Arabischen Frühlings den Preis in Anerkennung ihres Einsatzes für Freiheit und Menschenrechte. Die Auszeichnung ist nach dem russischen Physiker, Dissidenten und Friedensnobelpreisträger Andrej Sacharow benannt, der maßgeblich an der Entwicklung der Wasserstoffbombe beteiligt war.

Seit 1988 wird der Preis jährlich vom Europäischen Parlament an Aktivisten und Organisationen verliehen, die sich für den Kampf für Menschenrechte und Demokratie einsetzen. Zu den früheren Preisträgern zählen unter anderen der Apartheidsgegner und spätere Staatschef von Südafrika, Nelson Mandela, der Vater des Prager Frühlings, Alexander Dubcek, die burmesische Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi, der chinesische Bürgerrechtler Hu Jia und die russische Menschenrechtsorganisation Memorial.

syd/heb/dpa/Reuters/dapd
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