Sanktionen gegen Gaddafi Arabische Liga verlangt Flugverbot über Libyen

Treffen der Arabischen Liga: Die Herrscher wollen Gaddafi unter Druck setzen
Foto: AMR ABDALLAH DALSH/ REUTERSKairo - Auf dieses Signal hatten viele gewartet. Die Arabische Liga hat sich bei ihrem Sondertreffen zum Libyen-Konflikt am Samstagabend für eine Flugverbotszone über dem nordafrikanischen Land ausgesprochen. "Die Vereinten Nationen sollen ihre Verantwortung wahrnehmen", hieß es in einer Stellungnahme, die nach dem Treffen der Außenminister in Kairo veröffentlicht wurde. Das Vorgehen Gaddafis gegen die eigene Bevölkerung hätten der Legitimität der Regierung geschadet.
Die Vertreter der arabischen Staaten seien zudem dafür, Kontakte zur libyschen Opposition aufzunehmen, hieß es von Teilnehmern des Treffens in der ägyptischen Hauptstadt Kairo. Lediglich die Vertreter Syriens und Algeriens schlossen sich dem Aufruf nicht an, hieß es.
Die US-Regierung begrüßte die Entscheidung der Arabischen Liga. Die USA würden ihren Druck auf Gaddafi verstärken, die libysche Opposition unterstützen und sich auf alle Eventualitäten vorbereiten, teilte das Weiße Haus mit.
Der frühere ägyptische Außenminister Mussa sorgte bereits im Vorfeld mit seiner Zustimmung zu einer Flugverbotszone für Aufsehen. Nach Einschätzung von Experten erfordert eine solche Maßnahme auch militärische Gewalt. So müsste die Infrastruktur der libyschen Luftwaffe zerstört werden.
"Dem libyschen Volk in seinem Freiheitskampf beistehen"
Mussa forderte im SPIEGEL, mit einer Flugverbotszone den Gaddafi-Gegnern beizustehen. "Ich rede von einer humanitären Aktion. Es geht darum, mit einer Flugverbotszone dem libyschen Volk in seinem Freiheitskampf gegen ein zunehmend menschenverachtendes Regime beizustehen", sagte der oberste Funktionär der Arabischen Liga. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton kündigte an, sie wolle am Sonntag in Kairo mit Mussa zusammenkommen, um über Schritte in der Libyen-Krise zu beraten.
In Libyen gewinnen die Truppen des libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi zunehmend die Oberhand. Die Armee brachte unter Einsatz von schweren Waffen und Kampfflugzeugen den Ölhafen Ras Lanuf unter ihre Kontrolle, berichtete der arabische Nachrichtensender Al-Arabija. Erst am Vortag hatten die Rebellen Ras Lanuf zurückerobert. Auch die 100 Kilometer weiter östlich gelegene Stadt Brega kam am Samstag unter Beschuss. Regimetruppen gingen mit schwerer Artillerie und Luftangriffen gegen sie vor. Die dort stationierten Rebellen begannen sich aus der Stadt zurückzuziehen, meldete der arabische Fernsehsender Al-Dschasira. Die Entwicklungen der letzten Tage deuten auf eine Konsolidierung für die Gaddafi-Truppen hin.
Die Zustimmung der Liga zu einer Flugverbotszone gilt in der EU als unabdingbar für weitere Entscheidungen. Am Freitag hatten die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union auf einem Sondergipfel in Brüssel den Rücktritt Gaddafis gefordert. Die Mehrheit der 27 EU-Staaten - darunter Deutschland - befürwortet ein militärisches Eingreifen, das einen Krieg bedeuten würde, nur unter engen Bedingungen. "Voraussetzung dafür ist, dass diese Optionen notwendig sind, eine klare Rechtsgrundlage haben und aus der Region heraus unterstützt werden", sagte EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy.
Kameramann von Al-Dschasira kommt ums Leben
Am Samstag ist bei den Kämpfen in Ostlibyen offenbar ein Kameramann des Fernsehsenders Al-Dschasira getötet worden. Dies teilte der Sender mit. Der Mann kam demnach in der Nähe der Stadt Bengasi ums Leben. Es ist der erste Fall eines getöteten Journalisten seit dem Ausbruch der Kämpfe in Libyen. Ein weiterer Korrespondent wurde nach Al-Dschasira-Angaben verletzt. Wer hinter dem Anschlag steckt, ist bisher nicht bekannt.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) bekräftigte am Samstag die deutsche Position zur Libyen-Krise. Er rief zur Zurückhaltung bei Überlegungen für eventuelle militärische Eingriffe auf und forderte Gespräche mit den Nachbarn Libyens. Es sei wichtig, den Eindruck zu vermeiden, dass es um einen "christlichen Kreuzzug gegen Menschen muslimischen Glaubens" gehe, sagte Westerwelle beim informellen Treffen der EU-Außenminister in Gödöllö bei Budapest. Die EU will in den nächsten Tagen eine Erkundungsmission nach Libyen schicken.
Die verhängten Sanktionen haben auch Auswirkungen auf deutsche Banken. Mehr als zehn Milliarden Euro libyscher Herkunft sollen SPIEGEL-Informationen zufolge auf Konten in Deutschland liegen. Das Vermögen sei in der Vorwoche eingefroren worden. Betroffen sind den Angaben nach 14 verschiedene Banken in Deutschland mit zusammen 193 Konten. Auf einem Konto bei der Bundesbank sei ein Guthaben von 1,96 Milliarden Euro entdeckt worden. Das eingefrorene Vermögen werde der libyschen Notenbank sowie drei staatlichen Einrichtungen zugeordnet.
Wie in Kairo bekannt wurde, haben mehrere arabische Staaten, darunter auch Ägypten, bereits inoffiziell Kontakt zum oppositionellen Nationalrat in Bengasi aufgenommen. Damit solle geklärt werden, welche Pläne der Rat für die Zeit nach einer möglichen Entmachtung von Gaddafi hat. Der Nationalrat versteht sich selbst als Übergangsregierung.