Ermittlungen wegen Bestechung Sarkozy schlägt zurück

Frankreichs Ex-Präsident fühlt sich verfolgt. In einem TV-Interview warf er seinen Gegnern vor, ihn mithilfe der Justiz zerstören zu wollen. Gegen Sarkozy läuft ein Verfahren wegen Bestechung. Die Rückkehr in die Politik hält er sich offen.
Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy: "Politische Instrumentalisierung"

Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy: "Politische Instrumentalisierung"

Foto: STEPHANE DE SAKUTIN/ AFP

Paris - Theatralisch kehrt er auf die politische Bühne zurück: "Für mich ist die Zeit gekommen, mich zu erklären." Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy hat am Mittwochabend im Fernsehen einen umfassenden Angriff gegen die Untersuchungsrichterinnen geführt, die er im Interview nur als "die beiden Damen" bezeichnete. Sie hatten in der Nacht zuvor ein Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen des Verdachts der Bestechung eröffnet. Sarkozy sprach von einer "politischen Instrumentalisierung" der Justiz. Das Justizsystem versuchen, ihn zu "zerstören". Er sei zutiefst erschüttert. "Ich habe niemals gegen die Prinzipien des Rechtsstaats gehandelt", sagte er in der Aufzeichnung von TF1 und Europe 1.

Es war das erste Fernsehinterview Sarkozys seit seiner Abwahl im Jahr 2012. "Es wird alles unternommen, um ein Bild von mir entstehen zu lassen, das nicht mit der Wahrheit übereinstimmt", erklärte der Ex-Präsident.

Sarkozy hatte bereits in der Vergangenheit deutlich gemacht, dass er die Regierung seines sozialistischen Nachfolgers François Hollande hinter dem Vorgehen der Justiz gegen ihn sieht. "Es werden gerade Dinge organisiert. Die Franzosen müssen sie kennen und mit ihrem Gewissen und in aller Freiheit darüber urteilen, was Sache ist." Dennoch sagte er: "Ich verlange keinerlei Privileg und wenn ich Fehler gemacht habe, werde ich dafür alle Konsequenzen übernehmen."

Eine Rückkehr in die Politik schloss der Ex-Präsident nicht aus. "Ich bin nicht jemand, der sich durch Niederträchtigkeiten und politische Manipulationen entmutigen lässt", sagte Sarkozy. Er werde "nach einer Zeit des Nachdenkens" Ende August oder Anfang September über eine Rückkehr in die Politik entscheiden müssen. Seinem Land gegenüber habe "man keine Rechte, man hat Pflichten".

15 Stunden Gewahrsam und Befragungen

Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft am Mittwoch ein Verfahren wegen des Verdachts der Korruption, der unerlaubten Einflussnahme und Verletzung des Berufsgeheimnisses gegen Sarkozy eingeleitet. Am Vortag war der konservative Politiker 15 Stunden lang in Polizeigewahrsam genommen und den ganzen Tag befragt worden.

Sarkozy, der von 2007 bis 2012 Staatspräsident war, soll einem führenden Staatsanwalt Unterstützung bei der Bewerbung um einen Beraterposten im Fürstentum Monaco angeboten haben. Im Gegenzug könnte der Jurist Sarkozy über ein anderes Verfahren gegen ihn informiert haben. Auch gegen den Top-Juristen und gegen Sarkozys Anwalt wird ermittelt.

Sarkozy gilt noch immer vielen Konservativen in der zerstrittenen UMP als Hoffnungsträger gegen den amtierenden Präsidenten François Hollande. Dem Sozialisten war Sarkozy 2012 unterlegen. Sollte er tatsächlich vor Gericht gestellt und verurteilt werden, drohen ihm eine Haft- und Geldstrafe. Außerdem könnte ihm das passive Wahlrecht entzogen werden.

Valls: "Niemand steht außerhalb des Gesetzes"

Premierminister Manuel Valls sieht Sarkozy mit schweren Anschuldigungen konfrontiert. "Das ist eine ernste Situation", sagte er dem Sender BFMTV. Auch für Sarkozy gelte die Unschuldsvermutung. Aber "natürlich" müsse er sich juristisch verantworten wie jeder Andere auch. "Niemand steht außerhalb des Gesetzes."

Gleichzeitig betonte der sozialistische Politiker, die Justiz arbeite "völlig unabhängig". Auch Präsident Hollande wies nach den Worten seines Regierungssprechers auf Unschuldsvermutung und Unabhängigkeit der Justiz hin.

Im Laufe der Vorermittlungen war der Politiker zu Jahresbeginn monatelang abgehört worden. Auch Terminkalender des Ex-Präsidenten sind Teil des Verfahrens. Um deren Rückgabe hat sich Sarkozy bisher vergeblich bemüht. Sie könnten dem Ex-Staatschef in der Affäre um umstrittene staatliche Schadensersatz-Zahlungen an den Unternehmer Bernard Tapie gefährlich werden. Die Abhöraktion gegen ihn hatte Sarkozy mit Methoden der DDR-Staatssicherheit verglichen.

Zweites Verfahren nach den Bettencourt-Affäre

Während Sarkozy-Getreue weiter empört auf die Ermittlungen reagieren, hält sich die UMP-Spitze zurück. Der frühere Premierminister Alain Juppé, einer der drei Übergangsvorsitzenden der Konservativen bis zur im Herbst geplanten Neuwahl eines Parteichefs, schrieb auf Twitter, Sarkozys Verteidigung werde seine Unschuld beweisen. "Ich hoffe das", fügte Juppé seinem Tweet hinzu.

Gegen Sarkozy, dessen Name in Verbindung mit zahlreichen politischen Affären in Frankreich genannt wird, läuft zum zweiten Mal ein Ermittlungsverfahren. Bei den inzwischen eingestellten Ermittlungen ging es um den Verdacht, Sarkozy könne die Demenzerkrankung der L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt ausgenutzt haben, um an Geld für seinen Wahlkampf 2007 zu kommen.

mia/AFP/dpa/AP
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren