Bettencourt-Affäre Sarkozy entgeht vorerst einem Anklageverfahren

Zwölf Stunden lang wurde Frankreichs Ex-Präsident vom Untersuchungsrichter in Bordeaux vernommen - dann konnte Nicolas Sarkozy aufatmen. In der Spendenaffäre um die L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt wird es vorerst kein Anklageverfahren gegen ihn geben. Er gilt jedoch als "verdächtiger Zeuge".
Abfahrt nach 12 Stunden Verhör: Nicolas Sarkozy beim Verlassen des Gerichts in Bordeaux

Abfahrt nach 12 Stunden Verhör: Nicolas Sarkozy beim Verlassen des Gerichts in Bordeaux

Foto: PIERRE ANDRIEU/ AFP

Paris/Bordeaux - Gegen Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy wird in der Korruptions- und Spendenaffäre um L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt vorerst kein Anklageverfahren eingeleitet. Der 57-Jährige konnte am Donnerstagabend nach einer rund zwölfstündigen Vernehmung durch Untersuchungsrichter den Justizpalast in Bordeaux als "verdächtiger Zeuge" verlassen. Dieses bedeutet, dass Indizien für die Beteiligung an einer Straftat vorliegen, sie aber nicht für ein Anklageverfahren ausreichen. Das kann sich jedoch nach weiteren Ermittlungen durchaus noch ändern. Über den Verlauf der Vernehmung machten die Ermittler zunächst keine Angaben. Auch Sarkozy äußerte sich nicht.

In der Bettencourt-Affäre geht es unter anderem um den Verdacht, Sarkozy könnte seinen erfolgreichen Wahlkampf 2007 mit illegalen Bargeldspenden aus dem Milliardenvermögen der Bettencourt-Familie finanziert haben. Hintergrund der Ermittlungen sind unter anderem Zeugenaussagen von ehemaligen Angestellten im Hause Bettencourt. Eine frühere Buchhalterin behauptet, dass sie für eine Wahlkampfspende 150.000 Euro Bargeld organisieren sollte. Andere Mitarbeiter wollen prall gefüllte Umschläge gesehen haben.

Gegen einen Vertrauten Sarkozys läuft wegen der sogenannten Bettencourt-Affäre bereits seit längerem ein Anklageverfahren. Sarkozy konnte bis vor kurzem nicht befragt werden, weil er als Präsident Immunität genoss. Er bestreitet alle Vorwürfe. Im Sommer hatten Ermittler bereits Büro- und Wohnräume Sarkozys durchsucht, um mögliche Hinweise auf Gesetzesverstöße zu finden. Der konservative Politiker war im Vorfeld der Wahl im Jahr 2007 mindestens einmal bei den Bettencourts zu Gast.

Die 90 Jahre alte Bettencourt steht mittlerweile unter Vormundschaft ihres Enkels Jean-Victor Meyers. Die Milliardärin leidet nach Einschätzung von Ärzten an einer Mischung aus Alzheimer und anderen Demenzformen. Bettencourt verfügt nach Schätzungen des US-Magazins "Forbes" über ein Vermögen von etwa 24 Milliarden US-Dollar (18,6 Mrd. Euro). Sie hatte sich mit ihrer Tochter in den vergangenen Jahren einen erbitterten Streit über ihren Gesundheitszustand geliefert. Françoise Bettencourt-Meyers hatte die Zurechnungsfähigkeit ihrer Mutter wiederholt infrage gestellt.

Das Verhör des Ex-Präsidenten kam zu einem Zeitpunkt, an dem viele Anhänger seiner Partei, der UMP, auf ein Comeback Sarkozys hoffen. Die Konservativen sind tief zerstritten, der Machtkampf um den Parteivorsitz der UMP wird immer erbitterter ausgefochten. Der bisherige Generalsekretär Jean-François Copé und Ex-Regierungschef François Fillon beanspruchen den Führungsposten beide für sich: Copé wurde mit einem hauchdünnen Vorsprung von der Wahlkommission zum Sieger der Urwahl erklärt. Fillon machte aber am Mittwoch überraschend Unregelmäßigkeiten geltend - Ergebnisse dreier Überseewahlkreise seien nicht mitgezählt worden. Er sei der Gewinner. Aber auch Copé macht nun Unregelmäßigkeiten geltend. Die Schiedsstelle der UMP soll nun entscheiden - eine Hängepartie für die Konservativen. Bereits am Montag hatte der frühere Außenminister Alain Juppé vor einer Spaltung seiner Partei gewarnt und die Zukunft der UMP in Gefahr gesehen.

cai/heb/phw/dpa
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