Mit massivem militärischen Einsatz versuchen die USA, den Aufstand der Schiiten um den Prediger Muktada al-Sadr in Bagdad und anderen irakischen Städten einzudämmen. US-Zivilverwalter Bremer verdammte den Geistlichen als "Gesetzlosen". Die Armee riegelte Falludscha ab, Kampfhubschrauber beschossen Stadtviertel in der Hauptstadt.
Bagdad - Die beiden Helikopter vom Typ "Apache" feuerten auf Ziele in al-Schuala, einem mehrheitlich von Schiiten bewohntes Viertel, wo Bewohner ein US-Fahrzeug in Brand gesetzt hatten. Bei dem Angriff seien zwei Iraker getötet und zahlreiche weitere
Menschen verletzt worden. US-Soldaten hätten versucht, zum Büro Sadrs
vorzudringen. Daraufhin seien sie von Anwohnern angegriffen worden. In dem Bezirk im Norden Bagdads waren zuvor wie auch in anderen irakischen Städten Kämpfe zwischen den Amerikanern und bewaffneten Schiiten ausgebrochen.
US-Zivilverwalter Paul Bremer kündigte an, man wolle das Verhalten des radikalen Schiitenführers Muktada al-Sadr nicht länger hinnehmen. Sadr sei ein "Outlaw", ein "Gesetzloser", dessen Gruppe sich außerhalb des Rechts
gestellt habe. "Tatsächlich versucht er, anstelle der
rechtmäßigen Regierung seine Herrschaft zu errichten. Wir werden
das nicht tolerieren", sagte Bremer. Er beriet in Bagdad mit
Ministern der Übergangsregierung über das weitere Vorgehen gegen
Sadr.
Am Sonntag war es in mehreren Regionen des Iraks zu
Zusammenstößen zwischen Besatzungstruppen und militanten
Anhängern Sadrs gekommen. Nahe der Stadt Nadschaf wurden
dabei neun Soldaten der Koalitionstruppen und mindestens 21
Iraker getötet. In Bagdad berichteten Krankenhausmitarbeiter, bei Zusammenstößen im Armenviertel Sadr-City seien mindestens 28 Iraker getötet
und 74 verletzt worden. Andere Ärzte berichteten sogar von 90 getöteten Irakern. Auch Kinder seien unter den Opfern. Acht US-Soldaten wurden getötet.
US-Truppen riegelten Falludschah ab und kündigten eine
umfassende Militäraktion an. In der Nähe der Stadt bezogen rund 1200 Marineinfanteristen
und zwei Bataillone irakischer Sicherheitskräfte Stellung. Nach dem
Tod von vier Amerikanern am Mittwoch planten die US-Streitkräfte
einen massiven Militäreinsatz in Falludscha. Ein Militärhubschrauber
feuerte am Morgen auf eine Wohngegend, wie ein Augenzeuge
berichtete. Fünf Menschen seien getötet und mehrere Häuser zerstört
worden.
Amerikaner riegeln Falludscha ab
In der südirakischen Stadt besetzten Anhänger des
radikalen schiitischen Predigers nach Berichten der
britischen Fernsehsender BBC und Sky News ein Verwaltungsgebäude. Die
britischen Truppen in Basra hätten zunächst nicht eingegriffen.
Berichte über Verletzte gab es nicht.
Ein Vertrauter Sadrs rief die Anhänger des Geistlichen zur Mäßigung
auf. Scheich Amer al-Husseini appellierte vor
Tausenden Sadr-Unterstützern in
Sadr-City: "Handelt nicht ohne Anweisungen von Sadr." Die Bewegung halte immer noch an ihren Forderungen fest: "Stopp der Terroroperationen gegen Iraker, Freilassung aller Anhänger
von Muktada al-Sadr und ein schneller Prozess gegen Saddam Hussein."
Unterdessen nahm der Berater von Uno-Generalsekretär Kofi Annan für den Irak, Lakhdar Brahimi, in Bagdad seine Gespräche über die Bildung einer Übergangsregierung auf.
Für die Bemühungen um eine Befriedung des Landes ist
die Zusammenarbeit mit den Schiiten von entscheidender
Bedeutung. Sie stellen die größte Bevölkerungsgruppe und fordern nach der jahrelangen Unterdrückung zur Zeit Saddam Husseins eine maßgebliche Beteiligung an der
künftigen Macht im Land.