Schuldenkrise Euro-Minister hoffen auf den IWF

Schuldenkrise: Euro-Minister hoffen auf den IWF
Foto: Benoit Doppagne/ dpaBrüssel/London - Die 17 Euro-Finanzminister sind ihrer Pflicht nachgekommen und haben den Euro-Rettungsfonds EFSF mit zwei Kredithebeln ausgestattet. Damit kann der Fonds ab Dezember ein Vielfaches seines Volumens von 250 Milliarden Euro mobilisieren, um überschuldete Mitgliedstaaten zu stützen.
Laut dem Beschluss der Eurogruppe am Dienstagabend kann der EFSF künftig Staatsanleihenkäufe zu 20 bis 30 Prozent versichern. Damit sollen Anleger gelockt werden, europäische Schuldscheine zu kaufen. Ein zweiter Hebel ist die Öffnung des Fonds für Investoren von außerhalb der Eurozone.
"Wir haben wichtige Fortschritte gemacht", sagte der Chef der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker, nach dem Treffen der 17 Finanzminister in Brüssel.
Wie groß die Hebelwirkung am Ende sein wird, bleibt jedoch auch nach dem Treffen weiter unklar. Die von den Ministern beschlossenen Leitlinien sehen eine Hebelung um das Drei- bis Fünffache vor. Der Fonds hätte dann eine Feuerkraft von 750 Milliarden bis 1,25 Billionen Euro. Das würde ausreichen, um auch große Länder wie Italien und Spanien im Notfall eine Weile finanzieren zu können.
Erwartungen bleiben gedämpft
Es ist jedoch fraglich, ob diese Zahl überhaupt erreicht wird. Zuletzt waren die Schätzungen deutlich nach unten korrigiert worden, nachdem das Interesse der internationalen Privatanleger geringer ausfiel als erwartet. Die jüngsten Äußerungen der chinesischen Führung etwa legen nahe, dass die Regierung in Peking eher europäische Infrastruktur aufkaufen will als in die Euro-Rettung zu investieren. Diplomaten erwarten daher maximal eine dreifache Hebelung des EFSF, der niederländische Finanzminister Kees de Jager sprach am Dienstag sogar nur von einer Doppelung.
EFSF-Chef Klaus Regling, der den Finanzministern von seinen ersten Sondierungsversuchen berichtete, bat um Geduld. Das Werben um Investoren sei ein "langer Prozess", erklärte er in Brüssel. Viele Anleger in der ganzen Welt seien interessiert. Doch erwarte er nicht, dass er in den kommenden Tagen bereits große Summen bekanntgeben könne.
Zeit jedoch haben die Euro-Retter nicht. Daher wollen die Finanzminister neben der Hebelung des Rettungsfonds auch die Ressourcen des Internationalen Währungsfonds (IWF) aufstocken. Es werde rasch geprüft, die Mittel des Fonds über bilaterale Kredite der Mitgliedsländer oder über neue Sonderziehungsrechte zu erhöhen, erklärten Juncker und EU-Währungskommissar Olli Rehn. "Wir wollen unterstreichen, dass die EU-Kommission und die Euro-Zone die Erhöhung der Finanzierungsmöglichkeiten unterstützen", sagte Rehn. Welche Länder dem Fonds mehr Geld zur Verfügung stellten müsse mit dem IWF besprochen werden. Die höhere Finanzkraft des IWF sei notwendig, damit dieser dem EFSF weiter zur Seite stehen könne.
Die Risikoaufschläge mehrerer europäischer Staatsanleihen bewegen sich seit Wochen auf einem Niveau, das auf Dauer zu Staatspleiten führen würde. Daher wird längst auch über weitere Schritte diskutiert, um die Zinssätze zu drücken. Euro-Bonds gelten als eine langfristige Lösung, um Schuldenstaaten zu entlasten. Sie würden aber keine schnelle Abhilfe schaffen.
Kurzfristig verspräche nur ein massives Eingreifen der Europäischen Zentralbank (EZB) Entlastung. Die Notenbank hat im Laufe der vergangenen 18 Monate schon Anleihen in dreistelliger Milliardenhöhe gekauft. Doch könnte das Programm nach dem Vorbild der englischen und amerikanischen Notenbanken noch ausgebaut werden. Die Forderung wird von mehreren südeuropäischen Ländern erhoben, von Deutschland jedoch abgelehnt. Zu entscheiden haben darüber jedoch laut EU-Vertrag nicht die Minister oder Regierungschefs, sondern allein das Führungsgremium der EZB. Es spricht einiges dafür, dass die Bank im Notfall eingreifen würde - allen Bedenken aus Berlin zum Trotz.