Schuldenmisere Schäuble bereitet sich auf Griechenland-Pleite vor

Der Bundesfinanzminister bereitet sich auf das Schlimmste vor. Nach SPIEGEL-Informationen lässt Wolfgang Schäuble seine Beamten bereits durchrechnen, was eine Pleite Griechenlands zur Folge hätte. Mit zwei Szenarien: Griechenland bleibt Euro-Land - oder es muss zur Drachme zurückkehren.
Bundesfinanzminister Schäuble: Bleibt Griechenland in der Euro-Zone?

Bundesfinanzminister Schäuble: Bleibt Griechenland in der Euro-Zone?

Foto: dapd

Berlin/Hamburg - Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) stellt sich nach SPIEGEL-Informationen auf eine Insolvenz Griechenlands ein. Seine Beamten spielen sämtliche Szenarien durch, die sich im Falle eines Zahlungsausfalls des Landes ergeben könnten. Danach gibt es grundsätzlich zwei Varianten einer Griechenland-Pleite. In der ersten bleibt das Land in der Währungsunion, in der anderen gibt es den Euro als Zahlungsmittel auf und führt die Drachme wieder ein. Eine Schlüsselrolle in den Überlegungen kommt dem europäischen Rettungsschirm EFSF zu. Er soll so schnell wie möglich mit den neuen Kompetenzen ausgestattet werden, die ihm der Krisengipfel Ende Juli zugedacht hat.

Zwei Instrumente stehen bei den deutschen Überlegungen im Vordergrund: Zum einen setzen Schäubles Beamte auf vorbeugende Kreditlinien, die Ländern wie Spanien oder Italien helfen sollen, wenn Anleger nach einer Insolvenz Griechenlands ihnen nichts mehr leihen. Banken in zahlreichen Euroländern könnten zudem auf Milliarden vom Rettungsschirm angewiesen sein, weil sie ihre Bestände an griechischen Staatsanleihen abschreiben müssten. Solche Folgen sind zu erwarten, gleichgültig ob Griechenland den Euro behält oder aussteigt.

"Regeln für den Austritt eines Landes aus der Währungsunion"

Hessens Ministerpräsident, der stellvertretende CDU-Vorsitzende Volker Bouffier, drängt darauf, möglichst schnell Möglichkeiten zum Austritt aus der Euro-Zone zu schaffen. "Wenn die Spar- und Reformanstrengungen der griechischen Regierung nicht erfolgreich sind, müssen wir uns auch die Frage stellen, ob wir nicht neue Regeln brauchen, die den Austritt eines Euro-Landes aus der Währungsunion ermöglichen", sagte er dem SPIEGEL.

Für die schwarz-gelbe Bundesregierung ist Griechenlands katastrophale Misere nicht zuletzt ein massives innenpolitisches Problem. Eine Mehrheit von 76 Prozent der Bundesbürger ist gegen eine Ausweitung des EFSF-Rettungschirms, nur 18 Prozent dafür, wie eine ZDF-Umfrage vor wenigen Tagen ergab.

Athen macht es seinen Kritikern leicht - und den Euro-Rettern derzeit schwer. Eine eigene griechische Kommission stellte jüngst fest, die Verschuldung sei außer Kontrolle geraten. Dann reiste eine Expertengruppe aus EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds unverrichteter Dinge wieder ab, nachdem Athen die Sparanstrengungen offenbar lockern will. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble stellte die Auszahlung der nächsten Tranche in Frage. Wann die Kommission ihre Arbeit wieder aufnimmt, ist offen.

Das griechische Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird nach den Worten von Finanzminister Evangelos Venizelos in diesem Jahr um mehr als fünf Prozent sinken. "Die Rezession übertrifft alle Vorhersagen, auch die der Troika", sagte Venizelos laut der Nachrichtenagentur Reuters an diesem Samstag in Thessaloniki vor Wirtschaftsvertretern. Im Mai sei man noch von einem Schrumpfen des BIP von 3,8 Prozent ausgegangen. Die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds soll eigentlich kontrollieren, ob Griechenland die Sparauflagen umsetzt, an die die Notkredite gekoppelt sind.

Gleichzeitig fürchten Beobachter, die bisher unternommenen Sparschritte könnten der griechischen Wirtschaft zu stark zusetzen. Erst am Donnerstag war bekannt geworden, dass die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 7,3 Prozent abgesackt ist .

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Samstag laut dem "Tagesspiegel", man müsse mit Griechenland Geduld haben: "Was über Jahre versäumt wurde, kann nicht über Nacht behoben werden." Gleichzeitig jedoch mahnte die Kanzlerin: "Griechenland weiß, dass die Auszahlung der Kredite davon abhängt, dass es seine Auflagen erfüllt."

cis/dpa/Reuters
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