De Maizière und die Seenotretter "Das ist schäbig"

Arbeiten Flüchtlingshelfer im Mittelmeer mit Schleppern zusammen? Innenminister de Maizière vermutet das - und steht nun deshalb in der Kritik.
Foto: REUTERS

Hilfsorganisationen und die Opposition empören sich über Thomas de Maizières (CDU) Kritik an der Arbeit von Seenotrettern im Mittelmeer. Die Parteivorsitzende der Linken, Katja Kipping, nannte die "pauschalen Vorwürfe gegen Seenotretter" des Bundesinnenministers "schäbig".

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt sagte: "Anstatt die Menschen, die Flüchtlinge aus Seenot retten, zu beschimpfen" solle de Maizière ihnen Dank und Respekt zollen. Es zieme sich nicht für einen Bundesinnenminister, "unbewiesene Vermutungen als Tatsachen auszugeben."

Erik Marquardt, Mitglied im Parteirat der Grünen, twitterte:

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Was de Maizière gesagt hat

De Maizière hatte in einem Interview mit den Zeitungen der Funke-Mediengruppe einzelne Hilfsorganisationen kritisiert, die auf dem Mittelmer Flüchtlinge vor dem Ertrinken retten. "Die Italiener untersuchen Vorwürfe gegen NGOs: Zum Beispiel, dass Schiffe ihre Transponder regelwidrig abstellen, nicht zu orten sind und so ihre Position verschleiern", sagte er. Ein solches Verhalten löse kein Vertrauen aus.

Zudem gebe es nach italienischen Informationen auch Schiffe, "die in libysche Gewässer fahren und vor dem Strand einen Scheinwerfer einschalten, um den Rettungsschiffen der Schlepper schon mal ein Ziel vorzugeben."

De Maizières österreichischer Amtskollege Wolfgang Sobotka wählte noch schärfere Worte: Er forderte Strafen für "selbst ernannte Seenot-Retter" im Mittelmeer. Einzelnen Hilfsorganisationen warf er in der "Bild"-Zeitung vor, direkt mit Schlepperbanden vor der libyschen Küste zu kooperieren.

"Das ist eine Scheindebatte"

Nicht nur Oppositionspolitiker kritisieren de Maizière nun. Ein Sprecher der Organisation Sea-Watch wies die Vorwürfe als "völlig haltlos" zurück. "Wir stellen den Transponder nicht zielgerichtet ab", sagte er. "Unsere Suchscheinwerfer schalten wir nur bei einem konkreten Rettungsruf aus der Notleitstelle in Rom ein."

Auch Ärzte ohne Grenzen beschweren sich über den Innenminister. Mit seinen Vorwürfen diskreditiere er die zivile Seenotrettung, sagte Geschäftsführer Florian Westphal. De Maizière habe keinen konkreten Beleg. "Es handelt sich hier um eine Scheindebatte, die unglaublich bitter ist, denn sie geht am eigentlichen Problem völlig vorbei und lenkt vom Versagen der europäischen Staaten bei der Seenotrettung ab."

Seit Jahresbeginn sind mehr als 93.000 Menschen über das Mittelmeer nach Italien gekommen. Allein auf der Route starben nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration  2207 Menschen. Zuletzt hatte die italienische Regierung die Verlängerung des EU-Militäreinsatzes "Sophia" vor der libyschen Küste verhindert - mutmaßlich, um den Druck auf andere EU-Staaten zu erhöhen.

Am Montag beschlossen die Außenminister der EU-Staaten stattdessen Ausfuhrbeschränkungen für Schlauchboote und Außenbordmotoren, die zum Transport von Migranten genutzt werden könnten. Zudem sollen die Vermögen von Hintermännern der libyschen Schleuserbanden eingefroren und deren Mitglieder mit Einreiseverboten belegt werden.

slü/dpa

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