

Sie sind unbewohnt, karg und stören eigentlich nur die Seefahrer - die Senkaku-Inseln im Ostchinesischen Meer. Doch immer wieder sind sie Streitpunkt zwischen zwei asiatischen Großmächten: Sowohl China als auch Japan beanspruchen die Eilande und ein paar Riffe für sich.
Jetzt rief China über den Inseln eine sogenannte "Luftverteidigungszone" aus: Jedes Flugzeug, das diese Region überfliegen will, muss sich nach dem Willen Pekings bei der chinesischen Flugüberwachung anmelden und um Erlaubnis bitten.
Doch die USA und vor allem Japan fliegen weiterhin in die umstrittene Zone, ohne dies zu tun. Damit spitzt sich der Streit zwischen Peking und Tokio zu. Beide Seiten sind offenbar nicht bereit nachzugeben. Im schlimmsten Fall könnte die Krise in einen militärischen Konflikt münden.
"Nimmt man die für Flugverbote erforderlichen extrem schnellen Reaktionszeiten und die verhältnismäßige Unerfahrenheit der chinesischen und japanischen Luftwaffe, dann wächst die Wahrscheinlichkeit für eine zügige Eskalation und mögliche Fehleinschätzung", sagt der britische Sinologe und Sicherheitsexperte Alexander Neill.
Für die Hartnäckigkeit von China und Japan im Streit um die Inseln gibt es einen Grund: Anfang der sechziger Jahre fanden Experten auf dem Kontinentalsockel Sedimente, die vermutlich ölhaltig sind. Das Ostchinesische Meer könnte damit zum Rohstoffparadies werden wie der Persische Golf.
Japan behauptet, es habe die Inseln 1884 entdeckt und dort keine Spur gefunden, die darauf hätte schließen lassen, dass jemand vorher da gewesen wäre. Tokios Diplomaten ziehen zudem als Argument offizielle chinesische Atlanten und Geschichtsbücher hervor, die das Gebiet bis 1979 als japanisch ausweisen.
Chinesen und auch die Taiwaner hingegen beteuern: Die Inseln gehören ihnen, genauer der Stadt Toucheng im Bezirk Yilan auf Taiwan. Chinesische Seefahrer hätten nämlich die Inselgruppe im 16. Jahrhundert entdeckt und sogar bis 1895 verwaltet.
Xi versucht seine Macht zu festigen
Um dies zu beweisen, legten chinesische Wissenschaftler eine Seekarte vor, die sie in einem Trödelladen in der ostchinesischen Stadt Nanjing gefunden hatten. Fest steht nur eines: Nach dem japanisch-chinesischen Krieg Ende des 19. Jahrhunderts fielen die Diaoyu-Inseln, wie die Chinesen die Senkaku-Eilande nennen, an den Sieger Japan.
Doch auch Tokio verlor sie wieder. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs entzogen die Siegermächte auf der Potsdamer Konferenz 1945 Japan die Kontrolle über zahlreiche Inseln. Die Amerikaner verwalteten die Eilande bis 1972 und gaben sie dann an die Präfektur Okinawa zurück.
Es wird noch komplizierter: Um die Wende zum 20. Jahrhundert kaufte ein japanischer Unternehmer vier Inseln und siedelte 200 Menschen an, die dort Fischgang verarbeiten sollten. Die Witwe seines Sohnes verkaufte zwei Inseln an einen Hochzeitsunternehmer bei Tokio, der verpachtete sie an die japanische Regierung. Inzwischen hat die japanische Regierung im September 2012 alle Inseln erworben - und damit Pekings Funktionäre zur Weißglut getrieben. Denn wie kann der japanische Staat Eilande kaufen, die ihm gar nicht gehören?
Hinter dem Ärger Pekings steckt mehr als die Sorge, eine womöglich riesige Rohstoffquelle mit den Japanern teilen zu müssen oder sie gar zu verlieren. Ein weiterer Grund ist die neue Spitze der KP. Dort versucht Staats- und Parteichef Xi Jinping in diesen Tagen seine Macht zu festigen - nicht nur als Politiker, sondern auch als oberster Militär (als Vorsitzender der Zentralen Militärkommission), als oberster Polizist und Spion (als Vorsitzender eines noch zu gründenden Komitees für Staatssicherheit) und als oberster Neuerer (vermutlich als Vorsitzender der "Kleinen Führungsgruppe für umfassende Wirtschaftsreformen").
Wer in der Hierarchie an Chinas Spitze so schnell nach oben klettert, muss nach Ansicht von Beobachtern in Peking Härte zeigen, um sich halten zu können - zumal Xi bei seinem Amtsantritt mit dem "Chinesischen Traum" von neuer nationaler Größe lockte. Auch die Streitkräfte träumten von einem "starken Militär", verkündete er. Und dessen "Seele" sei es, "zu kämpfen und Kriege zu gewinnen".
Die neue Härte lässt sich für Xi an Japan bestens demonstrieren: Nach Meinung der KP hat sich Tokio noch immer nicht ausreichend für die Gräueltaten an der chinesischen Bevölkerung im Zweiten Weltkrieg entschuldigt. Im Gegenteil: Es provoziert China, wenn japanische Politiker den Yasakuni-Schrein in Tokio besuchen, der Kriegsverbrecher verehrt.
Außerdem ärgern sich die Chinesen schon lange über Spionageflüge der Amerikaner und Japaner an der Küste. Die neue Luftverteidigungszone soll dies ein für allemal verhindern.
Grafik: Chinas Seestreitmacht
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Die japanische Regierung ignoriert eine neue Luftverteidigungszone, die China über dem Ostchinesischen Meer eingerichtet hat. Flugzeuge der japanischen Luftwaffe und Küstenwache flogen am Donnerstag in die umstrittene Zone. Zu Zwischenfällen kam es offenbar nicht. "Keine besonderen Reaktionen" meldet ein Regierungssprecher in Tokio.
Wie die Regierung in Tokio hat zuvor auch die Führung in Washington die Militärzone demonstrativ missachtet. In der Nacht zum Dienstag ließ das US-Militär zwei Bomber vom Typ B-52 durch das Gebiet fliegen. China wurde nicht vorab informiert.
US-Vizepräsident Joe Biden will die chinesische Regierung bei einem Besuch kommende Woche in Peking von der Luftverteidigungszone abbringen. Ein Vertreter der US-Regierung sagte, dass Biden seine Gesprächspartner auf ein "entstehendes Verhaltensmuster" hinweisen werde, das von Chinas Nachbarn als "beunruhigend" empfunden werde.
Die chinesische Regierung - hier Präsident Xi Jinping - hatte mit einer militärischen Reaktion gedroht, falls die Anweisungen zur neuen "Verteidigungszone" missachtet würden. Demnach müssen alle Maschinen, die den Luftraum kreuzen, ihren Flugplan und die Herkunft anmelden sowie eine Funkverbindung zu den chinesischen Behörden gewährleisten.
Hintergrund des Konflikts ist der Streit zwischen China und Japan um eine unbewohnte Inselgruppe im Ostchinesischen Meer. Peking erhebt seit Jahren Anspruch auf die von Tokio kontrollierten Inseln, die in Japan Senkaku und in China Diaoyu genannt werden.
Ein Überblick über den japanischen (grün) und chinesischen (orange) Luftverteidigungsraum. Der gemeinsame Luftraum lag bislang über den umstrittenen Inseln.
Immer wieder gab es im vergangenen Jahr militärische Zwischenfälle wegen der Inseln. Mal peilte ein chinesisches Kriegsschiff mit seinem Feuerleitradar ein Schiff aus Japan an, mal schickte die japanische Regierung Kampfjets gegen ein chinesisches Flugzeug.
Auch im Südchinesischen Meer erhebt China Ansprüche auf Inselgruppen, die andere Staaten für sich reklamieren. Aufmerksam dürften die Nachbarländer daher die Übungsfährt des chinesischen Flugzeugträgers "Liaoning" beobachten, der an Taiwan vorbeigesteuert ist und Kurs auf das Südchinesische Meer genommen hat.
Die "Liaoning" wurde im Herbst 2012 in Dienst gestellt. Es ist die erste Übungsfahrt des Schiffes in das Südchinesische Meer. Chinas Marine sprach am Donnerstag lediglich von einem "normalen" Übungseinsatz des Flugzeugträgers, der bislang nur Ausbildungszwecken dient und von zwei Kreuzern und zwei Fregatten begleitet wird.
Die chinesische Regierung - hier Präsident Xi Jinping - hatte mit einer militärischen Reaktion gedroht, falls die Anweisungen zur neuen "Verteidigungszone" missachtet würden. Demnach müssen alle Maschinen, die den Luftraum kreuzen, ihren Flugplan und die Herkunft anmelden sowie eine Funkverbindung zu den chinesischen Behörden gewährleisten.
Foto: AP/dpaDie "Liaoning" wurde im Herbst 2012 in Dienst gestellt. Es ist die erste Übungsfahrt des Schiffes in das Südchinesische Meer. Chinas Marine sprach am Donnerstag lediglich von einem "normalen" Übungseinsatz des Flugzeugträgers, der bislang nur Ausbildungszwecken dient und von zwei Kreuzern und zwei Fregatten begleitet wird.
Foto: AP / XinhuaMelden Sie sich an und diskutieren Sie mit
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