Ukraine-Russland-Konflikt Der Kreml-Mann auf der Krim

Er ist der Chef der neuen prorussischen Regierung auf der Krim. Sergej Aksjonow, einstiger Hinterbänkler einer Kleinstpartei, ist ein Mann von Putins Gnaden mit zwielichtigen Verbindungen. Er versucht nun, seine Macht auszubauen.
Sergej Aksjonow: Er soll es für Wladimir Putin auf der Krim richten

Sergej Aksjonow: Er soll es für Wladimir Putin auf der Krim richten

Foto: Artur Shvarts/ dpa

Sergej Aksjonow hat eine Blitzkarriere hinter sich. Noch vor einer Woche war der 41-Jährige ein Hinterbänkler, einer von drei Abgeordneten der Russland-treuen Partei Russische Einheit im Regionalparlament der Krim. Bei den Wahlen auf der Halbinsel 2010 hatte die Partei vier Prozent geholt. Doch seit einigen Tagen führt sich Aksjonow als Krim-Chef auf.

Eigentlich ernennt Kiew den Krim-Ministerpräsidenten. Doch als in der ukrainischen Hauptstadt Wiktor Janukowitsch gestürzt wurde und eine vom Westen unterstützte Regierung übernahm, sah Aksjonow seine Zeit offenbar gekommen.

Die russische Regierung stellt es gern als Willen der Menschen auf der Krim dar, dass dort einmarschiert wurde. Doch der Mann, der offiziell um Moskaus Hilfe für die Halbinsel bat, ist ihr eigener.

Schon länger werden die Partei "Russische Einheit" und andere mit ihr einst im "Russischen Block" verbündete Gruppen als Ableger des Kreml betrachtet. In einer US-Diplomatendepesche  vom Dezember 2006, die von Wikileaks veröffentlicht wurde, schrieb der damalige amerikanische Botschafter: "Prorussische Kräfte auf der Krim, die mit Anleitung und Geld Moskaus handeln, haben systematisch versucht, ethnische Spannungen auf der Krim zu schüren". Seit 2005 habe Moskau seine Bemühungen massiv ausgeweitet - um mit Geld, Sicherheitsagenten und der Unterstützung eines paramilitärischen Netzes an Einfluss zu gewinnen. Mehrere Chefs von kleinen prorussischen Gruppen rivalisierten damals um die Gunst und das Geld Moskaus.

Gerade erst im Amt, bat Aksjonow Moskau um Hilfe

Nun scheint Aksjonow das Rennen gemacht zu haben. Ukrainische Aktivisten werfen ihm vor, beste Kontakte zur Mafia und zu Moskau zu haben. Er ist seit den neunziger Jahren als Unternehmer tätig. Doch über Details seiner Geschäfte schweigt er sich aus. Bevor er zum wohlhabenden Geschäftsmann wurde, war er auf der Militärschule für Politoffiziere in Simferopol. 2008 trat er erstmals öffentlich in der ukrainischen Politik auf als Aktivist der "Russischen Gemeinschaft der Krim". 2010 gründete er die Partei "Russische Einheit".

Wie Aksjonow es vergangene Woche so schnell vom Hinterbänkler zum Krim-Chef geschafft hat, ist jedenfalls ziemlich undurchsichtig. Sofort nach dem Sturz von Janukowitsch in Kiew hatte Aksjonow auf der Krim prorussische Milizen und Demonstranten zusammengetrommelt. Als "Selbstverteidigungskräfte" zogen sie erst durch Sewastopol, dann durch Simferopol. Auf einmal wehte die russische Flagge über dem Krim-Parlament. Und plötzlich war Aksjonow der Chef. Als eine seiner ersten Amtshandlungen bat er Moskau um Hilfe.

Noch hat Aksjonow nicht alle Soldaten unter Kontrolle

Angeblich wurde Aksjonow von den Mitgliedern des Krim-Parlaments gewählt. Er soll der einzige Kandidat gewesen und 53 der 100 Stimmen erhalten haben. Doch wie kann es sein, dass eine Parlamentssitzung in einem zu diesem Zeitpunkt von Moskau-treuen Bewaffneten besetzten Gebäude stattfand? Wer daran teilnahm und wie abstimmte, ist unbekannt. Die Sitzung war nicht öffentlich. Die US-Zeitung "Wall Street Journal" berichtete , Aksjonow habe dabei gemeinsame Sache mit dem Parlamentssprecher und Ex-Janukowitsch-Getreuen Wladimir Konstantinow gemacht.

Aksjonow versucht nun seine Macht auf der Krim auszubauen. Er behauptet, er habe vorübergehend die alleinige Kontrolle über das Militär, die Polizei, Luftwaffe, Marine und Grenzposten auf der Halbinsel übernommen. Einen Tag zuvor konnte oder wollte er Reportern noch nicht sagen, wer die Uniformierten seien, die da plötzlich auf der Krim sind.

Mit der Kontrolle scheint es noch nicht ganz so weit her zu sein: Aksjonow tut gern so, als seien alle ukrainischen Sicherheitskräfte auf seiner Seite. Doch so manche Einheit denkt bisher nicht daran, überzulaufen.

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