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Obamas Elite-Truppe: Sexskandal beim Secret Service

Foto: TIM SLOAN/ AFP

Skandal beim Secret Service Sex und Suff in Cartagena

Ein Skandal überschattete den Amerika-Gipfel in Kolumbien. Beamte des Secret Service, der Schutztruppe des US-Präsidenten, sollen sich mit Prostituierten verlustiert haben. Obama ist verärgert - die Republikaner versuchen, aus der Affäre Kapital zu schlagen.

New York - Eins vorweg: Der diesjährige Summit of the Americas, also das Gipfeltreffen Nord-, Mittel- und Südamerikas, war ein Flop. Als sich die Regierungschefs am Sonntag im kolumbianischen Cartagena voneinander verabschiedeten, taten sie das mit steifem Lächeln und stiller Irritation. Nicht mal auf ein Schlusswort konnten sie sich verständigen.

Das Problem: Die USA und Kanada hatten Kuba die Teilnahme verweigert. Aber: Ohne Kuba kein Kommuniqué, so die anderen. Zank gab es auch um Guatemalas Idee, Drogen zu legalisieren und Argentiniens Anspruch auf die Falkland-Inseln. Die argentinische Präsidentin Cristina Kirchner reiste sogar vorzeitig ab.

Doch die US-Journalisten vor Ort waren sowieso nicht an Abschlusskommuniqués oder Abkommen interessiert. Sondern viel mehr an den angeblichen Sex- und Saufpartys in den Reihen des Secret Service, der Schutztruppe des um seine Wiederwahl kämpfenden US-Präsident Barack Obama. Das bekam sein Sprecher Jay Carney schon gleich nach seiner Ankunft zu spüren. Die erste Frage, die ihm da entgegen flog, zeichnete den Rest des Aufenthalts vor: "Gibt es eine Reaktion des Präsidenten?"

Doch die Reporter mussten sich noch gedulden. Einen ganzen Tag lang. Obama äußerte sich erst bei der Abschlusspressekonferenz des Gipfels am späten Sonntag. "Falls sich herausstellt, dass sich einige der Vorwürfe bestätigen, die in der Presse gemacht wurden", wand sich der Präsident, "dann wäre ich natürlich sauer."

Vorsichtiger hätte er sich kaum ausdrücken können. Denn der Skandal, der diesen Gipfel überschattete und ihn für die Reporter überhaupt erst reizvoll machte, klingt zwar boulevardesk und banal - er könnte aber dramatische Folgen haben. Jedenfalls, wenn es nach den US-Republikanern ginge, die sich sofort gierig darauf stürzten. Schon kündigte Darrell Issa, der mächtige Vorsitzende des Kontrollausschusses im US-Repräsentantenhaus, weitreichende "Ermittlungen" an. Mitten im Wahlkampf.

Dabei ist bisher immer noch nicht klar, was eigentlich genau passiert ist. Der Secret Service - jene strammen "Men in Black", die den US-Präsidenten bewachen - hatte kurz vor dem Gipfel elf Beamte seiner Kolumbien-Vorhut wegen "persönlichen Fehlverhaltens" suspendiert. Kurz darauf kommandierte auch das Pentagon fünf US-Armeesoldaten aus selbiger Vorhut ab, wegen potentiell "unangemessenen Benehmens".

"Dieses Benehmen", erklärte General Douglas Fraser, der zuständige US-Kommandeur, "entspricht nicht den professionellen Richtlinien, die von Mitgliedern des US-Militärs erwartet werden." Die Statements blieben schwammig, doch die Reporter fanden schnell heraus, was mit "diesem Benehmen" wirklich gemeint war.

"Eine wilde Nacht, die in einem Streit mit einer Hure über 47 Dollar endete"

Die inkriminierten Beamten und Soldaten, so hieß es in US-Regierungskreisen, hätten sich vorige Woche im Fünf-Sterne-Tagungshotel Caribe in Cartagena mit Prostituierten und Alkohol vergnügt. Oder, wie es die "New York Post" genüsslich formulierte: "Eine wilde Nacht mit Sex und Suff, die in einem Streit mit einer kolumbianischen Hure über 47 Dollar endete."

Besagte streitlustige Prostituierte, so hieß es weiter, sei "ausgeflippt", als einer der US-Agenten sie nicht habe bezahlen wollen. Worauf die Hotelleitung die Polizei gerufen habe und die ganze Sause aufgeflogen sei. Prostitution ist in Kolumbien in "Toleranzzonen" legal. Es gibt aber viele Grauzonen, vor allem in Touristenstädten wie Cartagena.

In den USA machen nun wilde Spekulationen die Runde: Hatten sich alle Beamten und Soldaten Liebesdienste erkauft? Wie viele Secret-Service-Männer waren verheiratet? Die "Washington Post" zählte unter dem ersten Bericht, den sie auf ihre Website stellte, bis Sonntagabend fast 3500 Leserkommentare.

Der Secret Service ist eine ebenso legendäre wie geheimnisumwitterte Behörde. Die Beamten, die dem Heimatschutzministerium unterstellt sind, bewachen Präsidenten und Vizepräsidenten und deren Familien, aber auch Präsidentschaftskandidaten, Ex-Präsidenten und Botschaften. Mit ihren Maßanzügen, Sonnenbrillen und Ohrknöpfen gelten sie als patriotische Symbole, von Hollywood verklärt.

Öffentliche Auslassungen sind selten, Skandale noch seltener - und für die Amerikaner deshalb umso schockierender. Die letzte Affäre gab es im Dezember 2009, als sich das Schickeriapaar Michaele und Tareq Salahi ohne Einladung bei einem Staatsbankett im Weißen Haus einschmuggelte. Der Secret Service merkte das erst, als die Salahis ein Foto auf ihre Facebook-Seite stellten, mit Obama posierend.

Ist die "elitärste Schutzeinheit" Amerikas erpressbar?

Die Vorhut bei Auslandsreisen des Präsidenten besteht meist aus mehr als 200 Mitgliedern des Präsidialstabs, des Secret Service und des Militärs, die die Zielorte schon zwei Wochen vorher auskundschaften. Die Beamten, die sich in Cartagena daneben benommen haben sollen, hätten allesamt der Vorhut entstammt und nicht der direkten Schutzgarde Obamas.

Trotzdem ist ein solcher Vorfall nicht nur peinlich, sondern potentiell gefährlich - wenn auch nicht unbedingt in diesem Fall. "Sie haben ganz klar einen großen Fehler gemacht", sagte Ralph Basham, der Ex-Direktor des Secret Service, der "Washington Post". Aber zu behaupten, die beeinträchtige die Sicherheit des Präsidenten, sei "unerhört".

Damit zielt Basham auf die Republikaner, die sich diese Gelegenheit natürlich nicht entgehen lassen. So deutete der Abgeordnete Issa - ohne jegliche Beweise - an, der Skandal könne noch viel größer sein als bisher bekannt: "Solche Sachen passieren nicht, wenn sie nicht schon mal passiert sind", sagte er im TV-Sender CBS. Issa warnte davor, die Geschichte auf die leichte Schulter zu nehmen: Ein Verstoß wie dieser führe dazu, dass "die elitärste Schutzeinheit" der US-Regierung "erpresst" werden könnte.

Ins gleiche Horn stieß auch Peter King, der Vorsitzende des Heimatschutzausschusses, der die unbestätigten Details der angeblichen Sexparty freudig an alle Medien ausplauderte: "Prostituierte oder fast jeden anderen in die Sicherheitszone gelangen zu lassen, wenn du den Präsidenten beschützen sollst, ist völlig falsch." Dass Obama in einem ganz anderen Hotel übernachtete, nämlich einen Kilometer entfernt im Hilton, verschwieg King dabei tunlichst.

"Sie leisten harte Arbeit, unter stressigen Bedingungen"

Doch es gibt auch moderate Töne. Ex-Agent Dan Emmett etwa wiegelte ab. "Ich habe sechs Jahre bei der CIA verbracht, nachdem ich den Secret Service verlassen hatte, und bin mit sexueller Erpressungsspionage gut vertraut", sagte er ABC News. "Es ist eine bekannte Taktik. Aber in diesem Fall sehe ich das einfach nicht." Entsprechendes Gerede sei "das Zeug für Romane".

Obama dankte den Secret-Service-Beamten am Sonntag am Ende des Gipfeltreffens für ihren "außerordentlichen" Einsatz: "Sie leisten sehr harte Arbeit, unter sehr stressigen Bedingungen." Doch sie müssten dabei auch "äußerste Würde und Integrität" zu Schau stellen: "Wir repräsentieren das Volk der Vereinigten Staaten."

Trotz des Streits wollen sich die Amerika-Gipfelteilnehmer übrigens 2015 wieder treffen - in Panama. Auch dort ist Prostitution weitverbreitet, aber illegal.

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