Sirt Menschenrechtler berichten von Massaker an Gaddafi-Anhängern

Freiwillige transportieren Leichen in Sirt: Blutiger Kampf um die Stadt
Foto: YOUSSEF BOUDLAL/ REUTERSSirt - Die Menschenrechtler sprechen von einer Hinrichtung: In der libyschen Küstenstadt Sirt hat "Human Rights Watch" auf dem Gelände eines Hotels 53 Leichen entdeckt, offensichtlich Anhänger des getöteten Machthabers Muammar al-Gaddafi.
Die Menschenrechtsorganisation sieht das mutmaßliche Massaker als weiteren Vorfall in einer Kette von "Tötungen, Plünderungen und anderer Verstößen von Anti-Gaddafi-Kämpfern, die sich selbst über dem Gesetz sehen", sagte Peter Bouckaert von Human Rights Watch. Die Organisation rief den Übergangsrat dazu auf, die Massentötung zu untersuchen.
Die bereits verwesenden Leichen wurden im Garten eines verlassenen Hotels in der Geburtsstadt Gaddafis entdeckt. Sie lagen gestapelt im Hotelgarten am Meer - und die Männer sind offenbar auch dort erschossen worden. Zumindest deuten große Blutflecke auf dem Rasen darauf hin. "Manche hatten die Hände hinter dem Rücken verbunden, als sie erschossen wurden" , sagte Bouckaert. Der Zustand der Leichen lege nahe, dass die Menschen vor rund einer Woche gemeinsam getötet worden seien.
Das Hotel Mahari liegt im zweiten Bezirk in Sirt - lange eine der letzten Bastionen der Gaddafi-Anhänger. Die Gegend sei jedoch bereits vor den letzten Kämpfen um Sirt in der Hand von Milizen aus Misurata gewesen. An Wänden des Hotels seien die Namen von fünf Rebellen-Brigaden aus Misurata geschrieben gewesen.
Auch wenn es keine Beweise gebe, so Human Rights Watch, dass diese Gruppen die Gaddafi-Anhänger erschossen haben, so sei eine Befragung der Milizen aus Misurata notwendig.
Weitere Leichen in einem Wasserbecken entdeckt
Ebenfalls im gleichen Bezirk entdeckten die Menschenrechtler zehn verwesende Leichen, die in ein Wasserbecken gekippt worden waren - diese seien offenbar seit zwei Wochen tot. Ärzte in Sirt hätten der Organisation gesagt, dass auch Gaddafi-Einheiten Hinrichtungen ausgeführt hätten.
Die Funde von Leichen, deren Todesumstände noch nicht unabhängig bestätigt wurden, lassen zumindest ahnen, wie blutig und brutal der Kampf um die letzte Gaddafi-Hochburg in den letzten Wochen geführt wurde.
Auch die Tötung des langjährigen Diktators ist immer noch nicht geklärt, der Übergangsrat ordnete am Montag die Untersuchung der genauen Todesumstände an. Unklar ist, ob Milizen ihn möglicherweise hingerichtet haben. Auch bei der mutmaßlichen Ermordung seines Sohnes Mutassim, der den Widerstand in Sirt angeführt hat, legen Videobilder nahe, dass er in Gefangenschaft getötet worden ist.
Auf Videos war Mutassim rauchend zu sehen, andere Bilder zeigen ihn später tot im selben Raum. Der in den Niger geflohene Gaddafi-Sohn Saadi reagierte wütend auf die Bilder. Die Tötung seines Vaters nannte Saadi laut seinem Anwalt eine "barbarische Hinrichtung", den Umgang mit den Leichen einen "grotesken Missbrauch". Er sei wegen der "boshaften Brutalität" schockiert, die die Milizen der Übergangsregierung gegenüber seinem Vater und seinem Bruder Mutassim gezeigt haben, erklärte sein Anwalt. Der Übergangsrat hat die Umstände der Tötungen bislang nicht aufgeklärt - Human Rights Watch kritisert auch, dass er auch bei früheren Fällen, wie der Tötung eines Gaddafi-Generals im Juli, kaum Willen zur Aufklärung gezeigt habe. Auch wegen Tötungen von mutmaßlichen Gaddafi-Söldnern aus Afrika haben Menschenrechtler die Rebellen wiederholt kritisiert.