
Smog: Hongkong Luft soll besser werden
Smog in Hongkong Dicke Luft im duftenden Hafen
"Sei nie mit dem Mittelmaß zufrieden, strebe nach dem Besten." So lautet das Motto von Donald Tsang, 67, dem Regierungschef von Hongkong. Ende Juni wird der Politiker, den die früheren Kolonialherren einst zum Sir ernannten und der nun in den Diensten Pekings steht, nach zehn Jahren aus dem Amt scheiden. An seinem eigenen Anspruch scheiterte er allerdings. Die Umweltprobleme des "duftenden Hafens" sind ein Beispiel dafür.
Bürgerrechtler und Umweltschützer werfen Tsang vor, er habe zwar einen "blauen Himmel" über Hongkong versprochen, doch nicht genug gegen die dramatische Luftverschmutzung getan. Seine Regierung habe damit nicht nur die Gesundheit der über sieben Millionen Bewohner, sondern auch die Anziehungskraft der Stadt als asiatische Finanzmetropole gefährdet.
"Die Konzentrationen der gefährlichsten Schadstoffe, vor allem jene in den Straßen, bleiben hartnäckig und gefährlich hoch", heißt es in einer jüngst veröffentlichten Studie der privaten Denkfabrik Civic Exchange. "Die Luftverschmutzung stellt eine besonders ernste und andauernde Bedrohung der öffentlichen Gesundheit in Hongkong dar."
Tatsächlich ist die Hongkonger Luft oft so dick, dass der Hafen im Smog verschwindet. Die Augen tränen, die Bronchien schmerzen, und an manchen Tagen schicken Eltern ihre Kinder nicht zur Schule. 16.000 Menschen, errechneten Wissenschaftler, seien in den vergangenen fünf Jahren gestorben, weil Atemwege und Lungen die Verschmutzung nicht vertrugen.
Nun soll Hongkongs Luft gesünder werden. Die Regierung hat angekündigt, 20 Schadstoffgrenzen herunterzusetzen. Auch für ganz besonders kleine Staubpartikel (PM 2,5) sollen strengere Werte gelten. Seit 1987 waren die Vorschriften nicht mehr verschärft worden. In Kraft treten sollen sie allerdings erst ab 2014. Und sie werden teilweise auch künftig weniger streng sein als die der Uno-Weltgesundheitsorganisation WHO.
Die Ziele seien "lax und vorläufig. Sie werden als langfristige Lösungen für ein Problem präsentiert, dass drastischere Aktionen erfordert", sagen Kritiker wie Anthony Hedley, Professor an der Schule für Öffentliche Gesundheit der Universität Hongkong.
Die Regierung verteidigt ihre Regeln: "Wir müssen einsehen, dass die ultimativen WHO-Richtlinien ein weit gesetztes Ziel sind. Sogar die EU kann sie nicht erfüllen", sagt Hongkongs Umweltminister Edward Yau Tang-wah. Im Übrigen sei es sinnlos, Maßstäbe zu setzen, die ohnehin nicht zu erreichen sind. Denn die Luft werde nicht von den Hongkongern verschmutzt, sondern von den Fabriken im Süden Chinas, deren Abgase über die Grenzen geweht werden.
Da hat der Minister nicht ganz Unrecht. Die Schlote der "Werkstatt der Welt", wie die Industrieregion am Perlfluss genannt wird, verpesten gnadenlos die Umwelt. Die Hongkonger setzen sich regelmäßig mit der Regierung im benachbarten Guangdong (Kanton) an den Tisch, um die schlimmsten Auswüchse zu verhindern - oft ohne Erfolg.
Die neuen Regeln können die Lebenserwartung erhöhen - um einen Monat
In Hongkong selbst sind die Kohlekraftwerke Hongkongs mit den modernsten Filtern ausgerüstet. Zahlreiche Reedereien haben sich freiwillig verpflichtet, ihre Schiffe zumindest im Hafen weniger schädliches Dieselöl als üblich verbrennen zu lassen. Die Taxis fahren längst nicht mehr mit Diesel oder Benzin, sondern mit Gas.
So konnte die Luftverschmutzung in den vergangenen Jahren verringert werden, räumt die Chefin von Civic Exchange ein, Christine Loh. Aber 2011 sei die Konzentration einiger besonders schädlicher Partikel wieder angestiegen. Es mangele offenbar an politischem Willen und an der Fähigkeit der Regierung "substantielle und andauernde Verbesserungen zu erreichen".
Dies hat zwei Gründe, vermuten die Kritiker. Die Regierung wolle zwei Großprojekte nicht mit strengeren Umweltgesetzen gefährden: Den Bau einer Brücke über das Perlfluss-Delta nach Hongkong und einer dritte Startbahn für den Flughafen.
Immerhin: Die neuen Regeln, so errechneten Statistiker, können im Schnitt die Lebenserwartung der Hongkonger erhöhen - um einen Monat.