Ukraine-Krise Russland betrachtet Soldatenmütter als "ausländische Agenten"

Sie wollen wissen, wo sich ihre Söhne befinden und werden dafür nun abgestraft: Das russische Justizministerium hat eine Gruppe von Soldatenmüttern als "ausländische Agenten" eingestuft - das erschwert ihnen den Zugang zu Armee-Informationen.
Mütter und Freunde russischer Soldaten (Archiv): Kontakt zu Söhnen in der Armee verloren

Mütter und Freunde russischer Soldaten (Archiv): Kontakt zu Söhnen in der Armee verloren

Foto: STRINGER/RUSSIA/ REUTERS

Moskau - Das Justizministerium in Moskau stuft eine Gruppe namens "Soldatenmütter von St. Petersburg" als "ausländische Agenten" ein. Die Mütter hatten zuvor vom Kreml Auskunft über den Aufenthaltsort ihrer Söhne verlangt.

"Diese Entscheidung wird unsere Arbeit natürlich erschweren", sagte einer der Vertreter der Gruppe, Alexander Gorbatschow. "Es wird schwerer für uns, Informationen von der Armee, von militärischen Strukturen zu bekommen."

Seit Ende 2012 gilt in Russland ein umstrittenes NGO-Gesetz, das vom Ausland finanzierte Nichtregierungsorganisationen als "Auslandsagenten" einstuft: Die "Soldatenmütter von St. Petersburg" werden von den Vereinigten Staaten unterstützt, sie erhielten zuletzt rund 85.000 Dollar von der amerikanischen Nichtregierungsorganisation National Endowment for Democracy (NED).  Die Organisation wiederum wird vom US-Kongress mit Geldmitteln versehen.

Die Soldatenmüttervereinigungen gehörten in den Neunzigerjahren zu den bekanntesten Nichtregierungsorganisationen in Russland. Nun sind sie wieder in Erscheinung getreten. Die Mütter fürchten, dass Moskau ihre Söhne in den Krieg in der Ostukraine schickt. Russische Medien berichten von bis zu mehreren Hundert Eltern, die den Kontakt zu ihren Wehrdienst leistenden Söhnen verloren haben.

Während Kiew und seine westlichen Unterstützer inzwischen von einer militärischen Intervention Russlands in der Ostukraine sprechen, bestreitet Moskau weiterhin die Präsenz russischer Truppen in dem Gebiet. Am Freitag sagte ein Vertreter des russischen Verteidigungsministeriums laut der Nachrichtenagentur Interfax, die Gruppe der Soldatenmütter verbreite "ukrainische Propaganda".

Die Vorsitzende der Soldatenmütter, Ella Poljakowa, hatte im Oppositionsfernsehsender Doschd gesagt, in St. Petersburg seien etwa hundert verletzte russische Soldaten eingetroffen. Es sei nicht klar, woher sie kämen. Kiew wiederum hatte zu Wochenbeginn mitgeteilt, zehn russische Fallschirmjäger auf ukrainischem Gebiet gefasst zu haben. Russland erklärte, diese hätten die Grenze versehentlich überquert.

kha/bos/AFP
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