Menschenkette Hunderttausende Katalanen demonstrieren für eigenen Staat

Die katalanische Unabhängigkeitsbewegung erhöht den Druck auf den Zentralregierung in Madrid. Hunderttausende haben mit einer Menschenkette für einen eigenen Staat demonstriert. Vorbild für die Aktion war eine Menschenkette 1989 in der Sowjetunion.
Menschenkette in Katalonien: Demonstration am "Nationalfeiertag"

Menschenkette in Katalonien: Demonstration am "Nationalfeiertag"

Foto: RAYMOND ROIG/ AFP

Barcelona - Es ist eine der größten Demonstrationen in der Geschichte Spaniens: Mehrere hunderttausend Menschen haben am Mittwoch mit einer Menschenkette für eine Abspaltung Kataloniens von Spanien demonstriert.

Unter dem Slogan "Der katalanische Weg zur Unabhängigkeit" forderten sie am Mittwoch die Gründung eines eigenen Staates in der wirtschaftsstärksten Region Spaniens. Die Menschenkette reichte über eine Strecke von 400 Kilometer von den Pyrenäen durch die Städte Gerona, Barcelona und Tarragona hindurch bis an die Grenze zur Nachbarregion Valencia.

Das Geläut von Kirchenglocken markierte um 17.14 Uhr das Zeichen zum Schließen der Menschenkette. Mit dieser Uhrzeit sollte an das Jahr 1714 erinnert werden, in dem Barcelona am 11. September nach einer 14-monatigen Belagerung von den Truppen des spanischen Königs Philipp V. eingenommen wurde. Der Monarch nahm den Katalanen später ihre Selbstverwaltungsrechte. Zum Gedenken der Einnahme Barcelonas erklärte das katalanische Parlament den 11. September im Jahr 1980 zum "Nationalfeiertag".

Vorbild war eine rund 620 Kilometer lange Menschenkette, die im August 1989 etwa 1,5 Millionen Demonstranten durch die damaligen baltischen Sowjetrepubliken Estland, Lettland und Litauen gebildet hatten. Die "baltische Straße" war die größte regimefeindliche Massendemonstration in der Geschichte der Sowjetunion gewesen. Zwei Jahre später erlangten die baltischen Staaten ihre Unabhängigkeit.

Katalanen verlangen Referendum über Unabhängigkeit

Die Menschenkette in Katalonien war von der separatistischen Initiative Katalanische Nationalversammlung (ANC) organisiert worden. ANC-Präsidentin Carme Forcadell verlangte, dass die Katalanen im kommenden Jahr über ihre Unabhängigkeit abstimmen dürfen. "Dazu ist jedes friedliche und demokratische Mittel recht", sagte sie.

Die spanische Zentralregierung lehnt ein solches Referendum strikt ab. Sie beruft sich auf die Verfassung, welche die "Einheit" Spaniens garantiert. Spaniens Außenminister José Manuel García-Margallo betonte: "Die Kundgebung ist ein Ausdruck der Meinungsfreiheit. Sie zeigt, dass die Demokratie in Spanien gut funktioniert." Der katalanische Ministerpräsident Artur Mas kündigte an, mit Madrid "bis zuletzt" über die Abhaltung eines Unabhängigkeitsreferendums im kommenden Jahr zu verhandeln. Der Regierungschef unterstützte die Menschenkette, nahm aber nicht selbst daran teil. "Ich vertraue darauf, dass wir damit die ganze Welt in Erstaunen versetzen können", sagte er.

Trotz hoher Schulden und zuletzt einer Arbeitslosenquote von knapp 24 Prozent erwirtschaftet Katalonien rund ein Fünftel des spanischen Bruttoinlandsprodukts. Die Katalanen beklagen seit langem hohe Zahlungen an Madrid bei vergleichsweise geringen Rückflüssen. Viele befürworten daher, dass Barcelona selbst Steuern erheben darf.

Nach einer Umfrage des spanischen Radiosenders Cadena Ser sind gut 80 Prozent der Katalanen für eine Volksabstimmung. 52 Prozent der Befragten würden danach bei einem solchen Referendum für die Schaffung eines eigenen Staates votieren. Nur 24 Prozent würden gegen eine Abspaltung von Spanien stimmen. Katalonien im Nordosten Spaniens hat 7,6 Millionen Einwohner und verfügt über eine eigene Sprache und Kultur. Katalanisch wird auch in Valencia, auf den Balearen und in Andorra geprochen.

syd/dpa/AFP

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