Spekulationen um IAEA-Bericht Iran soll Atomwaffentests durchgeführt haben

Spekulationen um IAEA-Bericht: Iran soll Atomwaffentests durchgeführt haben
Foto: SPIEGEL ONLINEHamburg/Washington - In Kürze soll der Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) zu Irans Atomprogramm veröffentlicht werden. Im Vorfeld sickern immer mehr alarmierende Einzelheiten durch.
So melden mehrere Zeitungen, die IAEA habe zahlreiche Belege, dass Iran systematisch Atomwaffen entwickelt. Die "Los Angeles Times" berichtet , dass das Land mittlerweile über alle technischen Mittel verfüge, um nukleare Waffen zu bauen - und etwa sechs Monate brauche, um Uran so anzureichern, dass es die Qualität für eine Atombombe hat. Die Zeitung beruft sich auf nicht namentlich genannte Beamte. Sie zitiert zudem den ehemaligen Uno-Waffeninspekteur David Albright. Er sagt: IAEA-Kontrolleure glaubten, dass Teheran "ausreichende Informationen habe, eine funktionierende Nuklearwaffe zu entwickeln und zu bauen".
Mögliche Beweise für Atomwaffentests?
Wie die "Los Angeles Times" weiter schreibt, sollen iranische Wissenschaftler auch nach 2003 Nukleartechnik entwickelt haben. Das gehe aus bisher nicht veröffentlichten Schriftstücken hervor, aus dem der IAEA-Bericht zitiert - und würde der Darstellung der US-Geheimdienste widersprechen. Sie hatten berichtet, Iran habe die Experimente im Jahr 2003 auf internationalen Druck hin dauerhaft eingestellt.
Die britischen Zeitung "The Guardian" berichtet über mögliche Beweise für Atomwaffentests in Iran. So werde ein Ort identifiziert, an dem möglicherweise Teile von Atomsprengköpfen getestet worden seien. Den Experten liege ein Papier vor, das zeige, dass iranische Wissenschaftler Sprengstoff getestet hätten, der für Atomwaffen genutzt wird.
Nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" geht aus der IAEA-Analyse hervor, dass Teheran in sämtlichen für den Bau von Kernwaffen wesentlichen Bereichen tätig ist oder war. Dazu zählten die Urananreicherung, die Konstruktion eines atomaren Sprengkopfes für Raketen und eines Zündmechanismus für eine nukleare Kettenreaktion. Bereits am Montag hatte die "Washington Post" berichtet, das iranische Nuklearprogramm habe die schwierigsten Hürden auf dem Weg zu einer Nuklearwaffe gemeistert.
Laut "Frankfurter Allgemeine Zeitung" ist bei der IAEA von einer neuen Etappe im Atomstreit mit Iran die Rede. Allerdings berichten mehrere Zeitungen, dass die IAEA-Analyse keine "smoking gun", also keinen wasserdichten Beweis, dafür liefere, dass Iran eine Atombombe baue.
Auch wenn es diesen nicht geben sollte, die nun veröffentlichten Einzelheiten verschärfen die Debatte um einen möglichen Militärschlag gegen Iran. Das Regime gerät zunehmend unter Druck. Teheran hatte stets betont, mit seinem Nuklearprogramm rein zivile Zwecke zu verfolgen.
"Ein Krieg ist kein Picknick, und wir wollen keinen Krieg"
Am Dienstag reagierte Mahmud Ahmadinedschad persönlich: Der IAEA-Generaldirektor sei ein Handlanger der USA, sagte der Präsident einem Bericht des staatlichen Fernsehens zufolge. Iran plane nicht den Bau einer Atomwaffe, sein Land werde seine Nuklearaktivitäten fortsetzen. Wenn Teheran die Kontrolle der USA über die Welt auflösen wollte, brauche es dazu keine Bomben. "Wir verlassen uns auf unsere Gedanken, unsere Kultur und Logik", sagte Ahmadinedschad.
Er zeigte sich von israelischen Drohungen unbeeindruckt. Dort wird seit mehr als einer Woche über das Für und Wider eines Militärschlags gegen Iran diskutiert. Israelische Medien hatten Anfang vergangener Woche berichtet, Regierungschef Benjamin Netanjahuund Verteidigungsminister Ehud Barakseien zu einem Angriff entschlossen.
Barak bemühte sich am Dienstag, Sorgen vor einem unmittelbar bevorstehenden Krieg zu zerstreuen. "Ein Krieg ist kein Picknick, und wir wollen keinen Krieg", sagte im israelischen Rundfunk. "Israel hat sich noch nicht für einen militärischen Einsatz entschieden." Aber: Iran strebe "auf raffinierte Weise" weiter nach nuklearen Waffen und "führt die Welt an der Nase herum, dies ist die Quintessenz des Berichts."
"Tödliche internationale Sanktionen"
Er sei skeptisch, ob die internationale Gemeinschaft wirksame Sanktionen gegen Teheran verhängen werde. Ohne diese sei keine Option vom Tisch, so Barak. Er forderte, "tödliche internationale Sanktionen" gegen Iran zu verhängen, wie zum Beispiel den Abbruch der Verbindungen zur iranischen Zentralbank und ein Verbot der Ein- und Ausfuhr von Erdöl.
Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle ( FDP) sprach sich für neue Sanktionen aus: Sollten Staaten wie Russland und China dabei nicht mitziehen, schließt Westerwelle auch einen möglichen Alleingang der Europäer nicht aus. "Am liebsten mit den anderen, am liebsten gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft, aber wenn es nicht anders geht, dann auch mit unseren Verbündeten alleine", sagte er im "Morgenmagazin".
Westerwelle betonte zudem: Militärische Optionen in den Raum zu stellen, seien "Debatten, die die iranische Führung eher stärken als schwächen." Auch Russlands Präsident Dmitrij Medwedew warnte Israel eindringlich vor einem militärischen Vorgehen. Das Aufbauen eine Drohkulisse könnte schwerwiegende Folgen haben und zu einen großen Krieg führen, sagte er am Dienstag nach einem Gespräch mit Bundespräsident Christian Wulff in Berlin.
Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums rief Iran zu mehr Kooperationsbereitschaft auf: Teheran sollte jetzt "Flexibilität und Aufrichtigkeit" zeigen. Gleichzeitig betonte er: China halte daran fest, dass der Atom-Konflikt nur durch Dialog und Kooperation gelöst werden kann.