Reaktion auf Spionageaffäre Bundesregierung erhöht Druck auf USA

Bundesinnenminister de Maizière: Bezeichnet Ausweisung als "angemessene und nüchterne Maßnahme"
Foto: Henning Kaiser/ dpaBerlin - Die USA bleiben der wichtigste Verbündete in Sicherheitsfragen, "aber irgendwann muss auch mal gut sein", sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière am Donnerstagabend in den ARD-"Tagesthemen". Die bislang einmalige Ausreiseaufforderung an den obersten Vertreter der US-Geheimdienste in Deutschland nannte der CDU-Politiker eine "angemessene und nüchterne Maßnahme".
Die Bundesregierung hatte am Donnerstag auf die neuen Spionagefälle und die Vorwürfe gegen die USA mit einem diplomatischen Affront reagiert: Berlin forderte den Repräsentanten der amerikanischen Geheimdienste in Berlin auf, das Land zu verlassen. Der Grund: Ende 2012 hatte sich ein 31-jähriger BND-Mitarbeiter nach eigenen Aussagen bei den USA als Spitzel angeboten und 218 geheime Dokumente des BND geliefert. Am Mittwoch bestätigte die Bundesanwaltschaft, dass es einen weiteren mutmaßlichen Spionagefall gibt, betroffen ist das Verteidigungsministerium.
Eine Ausreiseaufforderung an einen US-Repräsentanten habe es so noch nicht gegeben. Washington solle die Maßnahme als Signal verstehen, dass es wichtigere Aufgaben gebe als die Ausspionierung Verbündeter, sagte de Maizière. "Wir müssen auch aufpassen, dass nicht andere Dienste und andere Staaten, die ganz andere Dinge in Deutschland tun, sich ins Fäustchen lachen, wie das deutsch-amerikanische Verhältnis gestört wird."
Kein Kommentar der US-Regierung
Wegen der US-Geheimdienstaktionen ist das deutsch-amerikanische Verhältnis auf einem Tiefpunkt angelangt. Die Beziehungen der beiden Verbündeten werden bereits seit mehr als einem Jahr durch die Enthüllungen zu der massiven Überwachung von Internet und Telefonen durch die NSA belastet. Der US-Geheimdienst zapfte in der Vergangenheit auch das Mobiltelefon von Kanzlerin Merkel an.
Auch Bundesjustizminister Heiko Maas forderte die USA dazu auf, reinen Tisch zu machen: "Die Amerikaner müssen jetzt aktiv zur Aufklärung der Vorwürfe beitragen, die im Raum stehen." Dazu gehöre eine klare Aussage über eventuelle weitere Spionagefälle, von denen wir möglicherweise noch nichts wissen. Es werden verbindliche Zusicherungen aus Washington benötigt, dass diese Praxis ein für alle Mal beendet werde.
Die US-Regierung wollte die faktische Ausweisung vorerst nicht kommentieren. "Jede Art von Kommentar über jegliche berichteten Geheimdienst-Handlungen würde das Vermögen, Personal und die nationale Sicherheit der USA gefährden", sagte Regierungssprecher Josh Earnest und betonte erneut, wie bedeutend das Verhältnis beider Länder aus Sicht Washingtons sei.
"Nicht mehr als Kosmetik"
"Ich bin zutiefst besorgt", sagte die Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im US-Senat, Dianne Feinstein. Kongressmitglieder beider Parteien forderten die Regierung von Präsident Barack Obama zum Handeln auf. "Die Situation fängt an, außer Kontrolle zu geraten", sagte der republikanische Senator Jim Risch, der ebenfalls im Geheimdienstausschuss sitzt. "Die Regierungen beider Länder müssen sich an einen Tisch setzen und versuchen, das zu lösen."
Auch der demokratische Senator Tim Kaine, Mitglied im Ausschuss für Auswärtige Beziehungen, sieht Obama in der Pflicht. "Ich denke definitiv, dass der Präsident bei diesem Thema direkten Kontakt mit Angela Merkel haben sollte", sagte Kaine. Die Beziehung mit Deutschland sei "zu wichtig", um sie mit einer Spionageaffäre zu beschädigen.
Kritik an der Ausweisung des CIA-Vertreters kommt aus der Opposition: Für die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, ist die Ausweisung "nicht mehr als Kosmetik". Das sagte sie der "Berliner Zeitung". "Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie spätestens zum Ende der Sommerpause einen abgestimmten Aktionsplan gegen die US-Spionage in Deutschland vorlegt."