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Staatsbegräbnis für Titos Witwe: Unter Tränen zu Grabe getragen

Foto: MARKO DJURICA/ REUTERS

Serbien Staatsbegräbnis für Titos Witwe

Militärische Ehren für Titos Witwe: Mehr als 4000 Menschen haben in Belgrad Jovanka Broz das letzte Geleit gegeben. Sie war Ende der siebziger Jahre wegen Putschverdachts unter Hausarrest gesetzt worden. Regierungschef Dacic bezeichnete sie als "Frau, gegenüber der wir gesündigt haben".

Die Witwe des früheren jugoslawischen Staatschefs Josip Broz Tito, Jovanka Broz, ist an der Seite ihres Ehemanns beigesetzt worden. Mit militärischen Ehren, aber ohne religiöse Zeremonie wurde die einstige First Lady Jugoslawiens am Samstag im Mausoleum Titos bestattet, nachdem sie an einem Herzstillstand gestorben war. Mehr als 4000 Menschen gaben Broz das letzte Geleit.

Nach einem Ehrensalut hielt Regierungschef Ivica Dacic eine kurze Ansprache am Mausoleum, dem sogenannten Haus der Blumen, in der serbischen Hauptstadt Belgrad. Broz sei "unser Stolz" gewesen, "eine Frau, gegenüber der wir gesündigt haben". "Es lebe Jugoslawien", riefen einige Trauernde in der Menge. Manche trugen Ehrenabzeichen aus dem Zweiten Weltkrieg, andere schwenkten jugoslawische Flaggen.

Mit der Beisetzung wurde die einst schillernde Präsidentengattin nach Jahrzehnten in Armut und Isolation wieder aufgewertet. Die Bauerntochter hatte sich während des Zweiten Weltkriegs mit 17 Jahren den Partisanen angeschlossen und damals Tito kennengelernt, den Anführer des kommunistischen Widerstands. Nach dem Krieg arbeitete sie im Kabinett Titos, den sie wahrscheinlich Anfang der fünfziger Jahre heiratete. An seiner Seite führte sie ein schillerndes Privatleben, dinierte mit Elizabeth Taylor und anderen Kinostars, die in den sechziger Jahren in Jugoslawien Filme drehten, und hatte großen politischen Einfluss.

Vertrieben "wie ein Hund"

Als Tito Ende der siebziger Jahre krankheitsbedingt aus der Öffentlichkeit verschwand, unterstellten einflussreiche Mitarbeiter seiner Ehefrau Putsch-Absichten. Sie stellten Broz unter ärmlichen Bedingungen in einem baufälligen Haus unter Hausarrest und nahmen ihr die Papiere ab. Bei der Beisetzung Titos im Jahr 1980 tauchte Broz das letzte Mal in der Öffentlichkeit auf. Nach seinem Tod sei sie "wie ein Hund" aus der Residenz vertrieben worden, hatte sie später geklagt. "Sie wollten mit Tito abrechnen, indem sie mir vorwarfen, ein Komplott gegen ihn vorzubereiten. Es ist ihnen gelungen, uns zu trennen und zu isolieren", sagte Jovanka Broz im Februar dieses Jahres der Zeitung "Vecernje Novosti".

Der kommunistischen Gewalt in den Achtzigern folgte das Desinteresse der Nationalisten in den neunziger Jahren. Auch nach der demokratischen Wende im Jahr 2000 interessierte sich niemand für das bittere Leben Jovankas, die mit ihrem Mann als Glamourpaar fast 30 Jahre auch international im Mittelpunkt gestanden hatte. Erst im Jahr 2009 gaben die serbischen Behörden ihr wieder einen Pass und sprachen ihr eine Rente zu.

Die Zeitungen der gesamten Balkanregion hatten in den vergangenen Tagen in großer Aufmachung über die über 30-jährige Isolation von Jovanka Broz und den langjährigen Hausarrest berichtet. Bis zuletzt wohnte sie in einer Bleibe voller Schimmel, oft ohne Heizung und Wasser. Das undichte Dach ließ Regenwasser bis in die einzelnen Zimmer durch.

Die Idee ihres Mannes, alle Südslawen in einem einzigen Staat Jugoslawien zu vereinen, war mit den Kriegen der neunziger Jahre schon längst gescheitert. Viele Bürger in den sieben Nachfolgestaaten trauern aber noch heute den "goldenen sechziger und siebziger Jahren" nach. Damals erlebte Jugoslawien dank großzügiger Kredite aus Ost und West eine bis heute unerreichte Blüte. Die Menschen genossen einen relativen Wohlstand und konnten mit ihrem jugoslawischen Pass ohne Visum in alle Welt reisen. Heute sind große Teile der Bevölkerung verarmt, die Staaten sind hoch verschuldet.

hei/AFP/dpa
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