Krieg in Syrien Staatengemeinschaft droht Assad mit Waffenlieferungen

Eine Friedenskonferenz soll den Krieg in Syrien beenden, Machthaber Assad und die Opposition sollen in Genf endlich verhandeln. Die USA drohen nun mit Waffenlieferungen an die Rebellen, doch ein Erfolg ist ungewiss. Strategisch ist der Diktator derzeit in einer komfortablen Lage.
US-Außenminister Kerry mit seinem jordanischen Amtskollegen Judeh: Mahnung an Assad

US-Außenminister Kerry mit seinem jordanischen Amtskollegen Judeh: Mahnung an Assad

Foto: MUHAMMAD HAMED/ REUTERS

Der Mann, über den auf dem Treffen der "Freunde Syriens" alle reden, lächelt in der imposanten Lobby des Hotel Meridien in der jordanischen Hauptstadt Amman ziemlich staatsmännisch von einem übergroßen Plakat. Nur zwölf Jahre ist das Familienfoto des 13. arabischen Gipfeltreffens alt. Damals war Syriens Machthaber Baschar al-Assad bei seinen Nachbarn ein gern gesehener Gast. Prominent wurde der Gast aus Syrien im März 2001 gleich hinter dem jordanischen König platziert.

Am Mittwoch dreht sich in Amman wieder alles um Assad, wenn auch unter ganz anderen Vorzeichen. Mit Druck bis hin zur Drohung weiterer Waffenlieferungen für die Aufständischen, die seit zwei Jahren gegen das Assad-Regime ankämpfen, wollen die Außenminister aus den USA, Europa und mehreren arabischen Nationen den brutalen Herrscher endlich zu ernsthaften Verhandlungen zwingen. In Jordanien sind sie zusammengekommen, um seine Zukunft endgültig zu besiegeln.

Der Plan der "Freunde Syriens" klingt auf den ersten Blick einfach. Assad, so die Forderung, soll die Macht in Syrien abgeben und den Weg für eine Übergangsregierung freimachen. So schnell wie möglich, denn dann sollen neutrale Gesandte seines Regimes auf einer von den USA und Russland bereits vor Wochen angekündigten Friedenskonferenz in Genf im Juni die ersten Gespräche mit Vertretern der Opposition beginnen und ein Ende des brutalen Machtkampfs in Syrien erreichen.

Was sich einfach anhört, ist die schwerste Aufgabe, die man sich für die internationale Diplomatie vorstellen kann. Nacheinander treten die Außenminister der sogenannten Freundesgruppe am Mittwochabend vor die Kameras. Ihre Aussagen ähneln sich: Das Blutvergießen müsse ein Ende haben, schon jetzt drohe der Konflikt in Syrien auf die gesamte Region abzufärben. Ohne eine "tragfähige politische Lösung", sagt auch Außenminister Guido Westerwelle, könne der Konflikt nicht dauerhaft beendet werden.

Militärische Unterstützung für die Opposition

Westerwelles Kollege aus den USA geht in Amman einen Schritt weiter. Wenn sich Assad nicht umgehend auf Gespräche einlasse, sagt John Kerry, seien die USA und andere Staaten zur militärischen Unterstützung der Opposition bereit, damit diese "für die Freiheit Syriens kämpfen kann". Der aus Frankreich angereiste Top-Diplomat Laurent Fabius äußert sich ähnlich. Schon am Montag werde die EU ihr Waffenembargo für Syrien lockern, ab dann sei Frankreich bereit, die Rebellen mit Waffen zu stärken. Nach Ende des Treffens veröffentlichten die "Freunde Syriens" noch einen Appell an Iran und die Hisbollah: Beide sollten ihre Kämpfer aus dem Land abziehen.

Die großen Worte sollen Entschlossenheit zeigen und können doch kaum darüber hinwegtäuschen, wie verfahren die Lage ist. Zwar haben die USA und Russland mit der Ankündigung der Konferenz wieder etwas Bewegung erreicht. Realisten wie Minister Westerwelle aber mahnen zu Recht, das angefangen von möglichen Teilnehmern vom Regime aber auch der Opposition bis hin zu einem Kompromiss eigentlich noch alle wichtigen Fragen offen sind. "Ein Erfolg ist alles andere als gewiss", sagt er in Amman, "das wird sehr harte Arbeit".

Westerwelle ist nach Monaten der Pendel-Diplomatie ein Kenner des Syrien-Konflikts. Dutzende Male flog er in den Nahen Osten, erst am vergangenen Wochenende hörte er sich in Jerusalem die dortige Sorge vor einem Übergreifen des Kriegs auf die Region an. Ebenso deutlich warnte Jerusalem auch vor einer Aufrüstung der Rebellen, deren Milizen breit von Qaida-Gruppen unterwandert sind, die aus Syrien ein islamistisches Emirat nach dem Vorbild des Taliban-Staats in Afghanistan der 90er Jahre machen wollen.

Sammelsurium der Opposition

Innerhalb der EU hat sich Deutschland nicht nur deswegen lange gegen die Aufweichung des Waffen-Embargos gesperrt. In Berlin herrscht bis hoch ins Kanzleramt ein tiefes Misstrauen gegenüber dem Sammelsurium aus Oppositionellen und radikalen Dschihad-Kämpfern, die gegen das übermächtige Militär des Assad-Regimes anrennen. Westerwelle sorgt sich deswegen auch am Rand der Konferenz bei der Frage, was passiert, wenn die vom Westen gelieferten Waffen "in die falschen Hände" fallen.

Von Beginn an hatte Westerwelle deswegen auf politische Gespräche gesetzt, noch häufiger als in den Nahen Osten reiste er zu seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow. Russland gilt weltweit als die einzig halbwegs rationale Nation, die noch zu Assad steht aber auch Einfluss auf Assad selber hat. Westerwelle ist deswegen überzeugt, dass nur Russland den erratischen Machthaber Assad an den Verhandlungstisch bringen kann.

Lawrow kritisiert Opposition

Doch die Signale aus Moskau, in Amman nicht mit am Konferenztisch, sind wenig ermutigend. Exakt als die "Freunde Syriens" in Amman zusammentrafen, ging dort Außenminister Lawrow mit dem stellvertretenden syrischen Außenminister vor die Presse. Doch statt Assad kritisierte Lawrow die syrische Opposition. Fast zynisch begrüßte er die vermeintlich konstruktive Haltung der syrischen Regierung. "Wir hoffen auch, dass eine konstruktive Reaktion der Oppositionsgruppen folgen wird", so Lawrow.

Es mag ein diplomatischer Schachzug sein, doch im Angesicht des anhaltenden Blutvergießens wirkte der Auftritt Lawrows ernüchternd. Die syrische Opposition beschuldigte er, nicht ohne Vorbedingungen auf mögliche Gespräche zuzugehen. "Die Situation erfordert eine sofortige Einstellung der Feindseligkeiten", forderte der Russe. Sein Gast aus Syrien ergänzte pflichtschuldig, die Führung in Damaskus sei sofort zu Gesprächen bereit und werde schon bald über eine Delegation für Genf entscheiden.

Assad kann auf Zeit spielen

Nicht nur wegen der fehlenden Einigkeit zwischen Moskau und Washington kann Assad derzeit recht komfortabel auf Zeit spielen. Auch militärisch hat er in den letzten Wochen seine Lage stabilisiert. Verstärkt durch Truppen und Waffen seiner letzten Verbündeten aus Iran und der libanesischen Hisbollah-Miliz eroberten seine Anhänger in den letzten Wochen viele strategisch wichtige Regionen zurück. Auch der deutsche Geheimdienst BND konstatiert, dass Assads Lage sich erschreckend stark stabilisiert hat.

In Amman will es niemand laut sagen, doch Assad könnte ausgerechnet durch die zähen Vorbereitungen für die Friedenskonferenz in Genf die Zeit bekommen, die er für weitere militärische Erfolge braucht. Gewinnen seine Truppen die strategisch wichtige Region von al-Kusair im Nordwesten des Landes zurück, wäre die wichtigste Nachschubader seiner Gegner endgültig abgeschnitten. Die in Amman angedrohten Waffenlieferungen aus dem Westen kämen für die Rebellen dann viel zu spät.

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