Staatenlenker in der Schuldenkrise Machtlos, kraftlos, ratlos

Berlusconi, Barroso, Obama, Merkel, Sarkozy (2010 in Huntsville): Kampf gegen die Krise
Foto: AFPBerlin/Hamburg - Die Krise ist wieder da. Sie trifft sie alle, die Mächtigsten der Welt. Vom Westen bis in den fernen Osten. Dax, Dow und Nikkei schmieren ab, fallen unter historische Marken.
- In Brüssel verbreitet sich Panik, ob der Schuldenberg einzelner Euro-Länder überhaupt noch in den Griff zu bekommen ist. Kanzlerin Angela Merkel und ihre europäischen Partner jonglieren mit Hunderten Milliarden Euro, um die Währung zu retten.
- In Washington muss US-Präsident Barack Obama fassungslos registrieren, dass eine Rating-Agentur die Kreditwürdigkeit seines Landes herabstuft - der stärksten Volkswirtschaft der Erde.
- In Peking bangt Premier Wen Jiabao um Chinas Exporte und sein Billionen-Dollar-Investment in US-Staatsanleihen.
Sie alle starren auf jene internationalen Finanzmärkte, die Deutschlands Ex-Bundespräsident Horst Köhler einst als "Monster" bezeichnet hat. Nur: Die Staatenlenker handeln nicht. Führung? Fehlanzeige.
Das Problem: Jeder ist auf seine ganz eigene Art gefesselt. Sie alle sind gefangen in ihren jeweiligen innenpolitischen Problemen, Wünschen, Plänen. Es ist diese Verkettung unglücklicher Umstände, die die Gefahr durch das Monster Tag um Tag wachsen lässt. Wie lange kann das noch gutgehen?
Merkel steckt in der Zwickmühle zwischen den Hilferufen der europäischen Partner und den eigenen Leuten im Bundestag. Manch einer mag taumelnden Pleitekandidaten keine Milliarden mehr hinterherwerfen. Es herrscht Entsetzen über die massiven Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank. Der Unionsabgeordnete Mißfelder fordert gar einen Sonderparteitag zur Euro-Krise, sollte Europa zur Transferunion mutieren. Und Obama, der im kommenden Jahr als Präsident wiedergewählt werden will, hat sich eine zermürbende innenpolitische Schuldenschlacht mit der rechtspopulistischen Tea-Party-Bewegung geliefert - und letztlich kapituliert.
Machtlos, ratlos, kraftlos. Die Führer der Welt wirken überfordert. SPIEGEL ONLINE gibt einen Überblick über die bedrängten Mächtigen.
Barack Obama - der Entzauberte

US-Präsident Obama: "Paar Dellen und Beulen abbekommen"
Foto: MANDEL NGAN/ AFPBarack Obama steht erst zweieinhalb Jahre an der Staatsspitze. Aber die Monate im Weißen Haus haben ihn gezeichnet. Grau wird das Haar, müde wirken die Augen. Er habe "ein paar Dellen und Beulen abbekommen", vermerkte er vor wenigen Tagen bei der Party zu seinem 50. Geburtstag. Das ist noch eine reichlich positive Umschreibung.
Denn der US-Präsident wird in der Schuldenkrise seines Landes schier aufgerieben, die Rating-Agentur Standard & Poor's hat Amerika gerade die Bestnote entzogen. Das sei allerdings nicht das Problem, bemerkt Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman: "Was Amerika unseriös aussehen lässt, das sind nicht Budgetzahlen sondern es ist die Politik." Die Tea-Party-Bewegung innerhalb der Republikaner - "die extremistische Rechte" (Krugman) - blockiert Präsident und Land.
Obama, der als Versöhner antrat, ist durch die Realität und Blockadepolitik seiner Gegner längst entzaubert worden. "Change" hatte er versprochen, einen grundlegenden Wandel. Jetzt reicht es nicht einmal dafür, die Steuerschlupflöcher der Reichsten zu stopfen. "Der mächtigste Mann der Welt wirkt seltsam machtlos und unentschlossen - gerade da gewaltige Kräfte das Land und seine Präsidentschaft herunterreißen", schreibt der einflussreiche Washingtoner Kolumnist Dana Milbank.
Nur noch rund 40 Prozent der Amerikaner sind mit seiner Amtsführung zufrieden. Die horrenden Ausgaben des Staats rauben Obama die Spielräume:
- die Kriege,
- das teuerste Gesundheitssystem der Welt,
- die Konjunkturprogramme.
- Gleichzeitig steigt die Arbeitslosigkeit,
- und die Wirtschaft wächst langsamer.
Und im kommenden Jahr schon sind Präsidentschaftswahlen. Barack Obama geht dennoch nicht ohne Aussichten in dieses Rennen. Ganz im Gegenteil. Denn seine Gegner sind gespalten wie das ganze Land, gemäßigte Republikaner ringen mit den Radikalen in den eigenen Reihen. Bisher zeichnet sich kein republikanischer Präsidentschaftsbewerber ab, der seinerseits das Land einen könnte.
Angela Merkel - die Bedrängte

Kanzlerin Merkel: Druck aus Europa, Druck aus der Heimat
Foto: dapdDen Wanderurlaub abbrechen, weil die Märkte verrückt spielen? Nein, Angela Merkel hasst Aktionismus, da kann sich die Schuldenkrise noch so sehr zuspitzen. Nur die Ruhe, alles unter Kontrolle, das soll die Botschaft sein. Dabei ist nichts unter Kontrolle, das muss auch die Kanzlerin einsehen. Und die Ruhe, die legen ihr die europäischen Partner längst nicht mehr nur als Zögerlichkeit aus, sondern auch als typisch deutsches Zuchtmeistergehabe.
Deutschlands Wirtschaft brummt, Deutschland ist auf Konsolidierungskurs, Deutschland hat sich die Schuldenbremse gegeben - darauf kann Merkel immer verweisen, wenn in der EU wieder jemand um Hilfe ruft. Motto: Tut ihr erst mal selber was, bevor wir noch etwas tun! Dafür nimmt sie den Beinamen "Madame Non" genauso in Kauf wie geschmacklose Hitler-Vergleiche in italienischen Rechtsausleger-Zeitungen.
Merkel weiß, den Euro zu retten, ist unabdingbar. Doch im Nacken spürt sie den Steuerzahler - und Wähler -, der glaubt, statt die Milliarden taumelnden Pleitestaaten hinterherzuwerfen, könnte man sie auch gleich verbrennen. Und sie spürt ihre Partei, die den Paternalismus der Vorsitzenden bei der Krisenbewältigung nicht länger schweigend hinnehmen will. Viele in Union und FDP sind erschüttert: Vor allem die massiven Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank zugunsten von Italien und Spanien stoßen auf Kritik. Verliert die Notenbankank ihre Unabhängigkeit von der Politik? Sieht Merkel tatenlos zu, wie die eigentlich so neutrale Institution zu einem Instrument von Politikern aus anderen europäischen Ländern wird, um ihre Schuldenprobleme in den Griff zu bekommen - und das auf Kosten der deutschen Steuerzahler? Der Parteichefin drohen ungemütliche Debatten, wenn die Abgeordneten aus der Sommerpause zurückkehren.
Aber die CDU-Chefin ahnt wahrscheinlich, dass womöglich schon bald die roten Linien zur Disposition stehen werden, die viele Koalitionäre in der Euro-Krise derzeit noch ziehen. Dann muss die Bundesregierung entscheiden, ob die Euro-Zone zur echten Fiskalunion wird, Finanztransfers und Euro-Bonds inklusive - was für Deutschland teuer werden könnte. Bis es so weit ist, gilt das Prinzip Hoffnung: Auf dass die Sparprogramme von Italien und Spanien greifen und der Druck der Märkte nachlässt.
Das will Merkel vorerst in Ruhe beobachten. Sie ist zwar wieder in der Heimat, zurück aus den Wanderferien in Südtirol. Aber die Kanzlerin gönnt sich noch "eine terminfreie Woche". Man müsse schließlich, so lässt sie ausrichten, bedenken, "dass man durch öffentliche Präsenz Entwicklungen befördern kann, die man nicht befördern möchte".
Wen Jiabao - der Preistreiber

Chinas Premier Wen: Zu viel Geld im Umlauf
Foto: FREDERIC J. BROWN/ AFPChina hat auf Amerika gesetzt. Mehr als ein Drittel seines riesigen Devisenvorrats von 3,2 Billionen Dollar hat das rote Reich in US-Staatsanleihen angelegt. Doch seit der umstrittenen Anhebung der Verschuldungsgrenze in den USA und der Herabstufung der Kreditwürdigkeit des Landes durch die Rating-Agentur Standard & Poor's sorgt sich Chinas KP-Führung um ihr Investment in Übersee.
Peking wählt harsche Töne: Es müsse über Alternativen zum Dollar als Reservewährung nachgedacht werden, kommentierte die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. "Amerika muss für seine Schuldensucht und das kurzsichtige politische Gezerre bezahlen." Die US-Regierung müsse die schmerzhafte Tatsache anerkennen, dass die "guten, alten Tage vorbei sind, in denen sie sich in selbstverschuldeten Problemlagen einfach mehr Geld leihen konnte".
Doch liegt Chinas eigentliches Problem nicht in den USA. Sondern zu Hause. Es ist das Problem von Premier Wen Jiabao. Monat für Monat steigt die Inflation, die Chinesen werden unruhig. Der Preis von Schweinefleisch etwa ist um mehr als die Hälfte gestiegen, plötzlich ist es eine Delikatesse. Mit allen Mitteln versuchen Wen und Co. den Preisanstieg zu drosseln, seit Oktober hat die Notenbank bereits fünfmal die Zinsen erhöht. Bisher mit wenig Erfolg. Es ist zu viel Geld im Umlauf, weil Wen im Zuge der Finanzkrise ab 2008 in Europa und Amerika rund 450 Milliarden Euro in den Wirtschaftskreislauf gepumpt hat, um die Nachfrage zu stimulieren. Eine Schuldenmacherei, die sich auf Provinzebene fortgesetzt hat.
Für Wen geht es um alles: Müssen europäische oder amerikanische Staatenlenker um ihre Wiederwahl fürchten, sollten sie die Krise nicht in den Griff bekommen, könnte dagegen in China das kommunistische System irgendwann selbst auf dem Spiel stehen. Der Premier fürchtet Unruhen, er hat die Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens im Jahr 1989 noch in Erinnerung. Eine Ursache auch damals: Massive Preissteigerungen.
Manuel Barroso - der Irrlichternde

EU-Kommissionspräsident Barroso: Undisziplinierte Kommunikation
Foto: Patrick Seeger/ dpaJosé Manuel Barroso wurde einst als Marionette von Angela Merkel verspottet. Die Kanzlerin würde das natürlich weit von sich weisen. Aber dass sie sich 2009 für eine zweite Amtszeit des EU-Kommissionspräsidenten eingesetzt hat, weil der einst als Verlegenheitskandidat gestartete Portugiese oftmals brav die deutsche Linie vertrat, ist kein Geheimnis.
Gut möglich, dass Merkel ihre Unterstützung für Barroso inzwischen tief bereut. Denn der 55-Jährige will schon lange nicht mehr die Sprechpuppe der Kanzlerin sein. Bisheriger Höhepunkt der Emanzipationsbemühungen: In der vergangenen Woche schrieb der Kommissionspräsident einen Brandbrief an die europäischen Staats- und Regierungschefs, in dem er vor einer Verschärfung der Schuldenkrise warnte und anregte, den Rettungsschirm auszuweiten. Dabei hat der EU-Gipfel gerade erst neue Schritte zur Euro-Stützung beschlossen - und sich dafür gefeiert.
Barrosos Analyse war zwar durchaus ehrlich. Dass er sie aber in einem ohnehin hypernervösen Marktumfeld verbreitete, in dem eigentlich Diskretion gefragt ist, machte die Adressaten des Schreibens fassungslos. Zumal der Absender auch noch die Chuzpe hatte, die undisziplinierte Kommunikation innerhalb der EU zu beklagen - wofür er selbst den besten Beweis erbrachte.
In Deutschland schäumen nun Politiker quer durch alle Parteien und geben Barroso die Schuld an der Panik auf den Finanzmärkten. Kommentatoren ätzen über Barrosos "Ego-Show", spotten über seine Eitelkeit, die im "krassen Missverhältnis zu seiner Kompetenz" stehe - und überhaupt: Barrosos Auftritte würden immer schriller, je unwichtiger er werde.
Es wird gemutmaßt, dass Barrosos laute Wortmeldung vor allem Teil eines Brüsseler Machtkampfes ist. Denn mit dem Vertrag von Lissabon hat der Kommissionspräsident einen ständigen EU-Ratspräsidenten vor die Nase gesetzt bekommen: Herman Van Rompuy.
Im Gegensatz zu Barroso fällt der Belgier bisher vor allem durch höfliche Zurückhaltung und moderierende Fähigkeiten auf, was einige Euro-Staatenlenker - offenbar auch die Kanzlerin - mit einer Aufwertung seiner Rolle zu einer Art Chef-Sprecher für die Währungsunion zu belohnen erwägen. Mancher fürchtet schon, mit Van Rompuy solle eine neue Marionette installiert werden.
Nicolas Sarkozy - der Getriebene

Französischer Präsident Sarkozy: Angst vor dem Machtverlust
Foto: JEWEL SAMAD/ AFPDer Präsident, der den Euro gerettet hat - mit dieser Botschaft würde Nicolas Sarkozy gerne in den Wahlkampf für das Frühjahr 2012 schweben. Die Währungskrise könnte für ihn auch über sein politisches Überleben entscheiden. Überspitzt formuliert: Scheitert der Euro, scheitert Sarkozy.
Das will der französische Staatschef unbedingt vermeiden. Er gibt sich zurzeit auffallend präsidial - ruhig, zuversichtlich, charakterfest. Galt er einst als hyperaktiv, arrogant und umtriebig, bemüht er sich nun um ein distinguiertes Auftreten. Selbst die Schwangerschaft seiner Ehefrau schlachtete Sarkozy entgegen seiner Gewohnheiten medial nicht aus. "Arbeit, Kaltblütigkeit, Einheit, Würde", soll er seinen Parteifreunden für den Sommer empfohlen haben.
Vor ihm selbst liegt viel Arbeit. Sarkozy hat Frankreich einen Sparplan verordnet. Das Defizit von 5,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) will er auf 4,6 Prozent im kommenden Jahr drücken. Außerdem plant er, eine Schuldenbremse nach deutschem Vorbild zu verankern.
Der Grund für die strikten Sparmaßnahmen ist klar: Frankreich will die von den Rating-Agenturen vergebene Spitzennote AAA unbedingt sichern - der Schock über den Entzug dieses Ratings für Washington sitzt tief. Die Agentur Standard & Poor's mahnte Paris kürzlich, besonders bei Gesundheit und Renten zu sparen - sonst könne die Bewertung langfristig gefährdet sein. Denn die öffentliche Verschuldung des Landes wird bis zum kommenden Jahr 86,9 Prozent des BIP erreichen, schätzt die Regierung.
Sollte Paris sein "AAA" verlieren, wäre das ein Desaster für Sarkozy. Es wäre auch ein dramatischer Machtverlust. Denn der Staatschef möchte weiter auf einer Höhe mit Kanzlerin Merkel verhandeln, gelten sie doch als das "Power-Paar" der Euro-Zone. Während sie die finanzstarken Euro-Länder vertritt, weiß er schwächere Staaten des Südens hinter sich, die für eine stärkere Solidarität der Euro-Staaten untereinander plädieren. Dies kann zum Beispiel über einen Europäischen Währungsfonds gelingen - und genau den Einstieg in einen solchen Fonds rief Sarkozy nach dem Krisengipfel am 21. Juli aus.
Dass die Krise sich auch nach dem Treffen in Brüssel verschärft hat, trifft Sarkozy hart. In den kommenden Monaten wird es für ihn nicht weniger rau. Nach der Sommerpause dürfte Frankreich in den Wahlkampf starten. Obwohl Sarkozys wichtigster Rivale Dominique Strauss-Kahn wohl nicht antreten wird, haben auch die Alternativkandidaten der Sozialisten gute Chancen.
Die Beliebtheitswerte des amtierenden Präsidenten sind zuletzt zwar leicht gestiegen, sie liegen doch weiter nur bei 24 Prozent Zustimmung. Zudem bedroht ihn Marine Le Pen vom rechtspopulistischen Front National, die immer populärer und für Sarkozy gefährlicher wird. Wenn sie gegen die Eliten von Paris wettert, kommt das gut an. Ebenso wie ihre Attacken gegen den Euro.
Silvio Berlusconi - der Abgemeldete

Italienischer Premier Berlusconi: Altherrenwitze und Hilflosigkeit
Foto: Shane McMillan/ APAlles bestens in Italien! Premier Silvio Berlusconi gibt sich gerne sorglos. Politisch hat er schon mehrere Skandale überlebt, ist über Affären gestürzt und hat sich wieder an die Macht gekämpft. Doch diese Krise könnte ihn ernsthaft gefährden.
"Papi", 74, will zwar nicht weichen. In europäischen Hauptstädten glaubt jedoch kaum einer, dass Berlusconi sich bis 2013 im Amt halten kann. Während Italien in die Euro-Krise taumelt, irritieren seine Durchhalteparolen immer stärker. Als der Regierungschef vergangene Woche vor dem Parlament beschwichtigte, sein Land sei doch "solide", zerpflückten italienische und europäische Kommentatoren seine Rede. Auch die Kurse an der Mailänder Börse erholten sich nicht.
Das Problem Italiens ist Berlusconi, meint nicht nur die Opposition. Gegen den Premier, der es als Kompliment auffasst, der "meistverklagte Politiker der Welt" zu sein, laufen wieder juristische Verfahren. Die Sex-Affären des gelifteten Cavaliere sind zwar nicht neu, beschämen die Italiener aber zunehmend. Über seine Altherrenwitze lachen wohl nur noch glühende Anhänger. Kann ein solcher Premier das Land aus der Krise führen? Zumal er durch schwere Niederlagen bei den Kommunal- und Regionalwahlen im Mai geschwächt ist?
Wirtschaftsbosse wie Fiat-Chef Sergio Marchionne fordern, Italien brauche ein "stärkere Führung". Die Probleme des Landes sind immens:
- teure und ineffiziente Bürokratie,
- sinkende Wettbewerbsfähigkeit,
- mangelhaftes Bildungssystem.
- Die hohe Staatsverschuldung löste im Juli Panik auf den Märkten aus.
Als Berlusconi 2007 zum vierten Mal Regierungschef wurde, betrug die Staatsverschuldung 103,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Sie ist nun auf 119 Prozent geklettert.
Lange handelte Berlusconis Mitte-Rechts-Koalition nicht - einzig Druck von außen scheint zu wirken. Als die Kurse Mitte Juli dramatisch fielen, verabschiedete das Parlament in Rom hastig ein Millionen-Sparpaket. Das Drängen der Europäischen Zentralbank (EZB) und europäischer Führungspolitiker wie Angela Merkel und Nicolas Sarkozy beeindruckten Berlusconi schließlich doch. Statt salbungsvoller Worte verkündete er vergangenen Freitag, bereits 2013 statt 2014 solle ein ausgeglichener Haushalt erreicht werden.
Die EZB kaufte am Montag italienische Staatsanleihen - für das Eingreifen soll die Bank Rom allerdings detaillierte Bedingungen diktiert haben. Die Zeitung "Corriere della Sera" berichtete, die EZB habe schnelle Privatisierungen und eine Reform des Arbeitsmarktes gefordert.
Ein kraftvoller Auftritt des Premiers in der Krise sieht anders aus. Selbst Berlusconi dürfte nun alarmieren, dass nach SPIEGEL-Informationen Experten der Bundesregierung bezweifeln, Italien könnte mit Mitteln aus dem europäischen Rettungsschirm gestützt werden - selbst wenn er verdreifacht würde. Rom müsse sich durch Einsparungen und Reformen selbst helfen. Ob Berlusconi der richtige Regierungschef dafür ist?