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Steinmeier warnt Ukraine vor Rachegelüsten
Der Ex-Präsident wird gejagt, seinen früheren Untergebenen droht der Prozess: Die ukrainische Übergangsregierung geht hart gegen ihre Vorgänger vor. Nun mahnt der deutsche Außenminister: Der Wunsch auf Rache dürfe den Kurs nicht prägen.
Außenminister Steinmeier: "Lage ist nach wie vor kritisch"
Foto: Maurizio Gambarini/ dpa
Kiew/Berlin - Rachegelüste dürfen nach Ansicht von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier nicht die Politik der neuen Machthaber in der Ukraine bestimmen. Die künftigen politischen Führer müssten vielmehr die Eskalation der Gewalt stoppen, sagte der SPD-Politiker der spanischen Zeitung "El País". Sie müssten den Dialog suchen und "ein Gleichgewicht zwischen den politischen Parteien und den Regionen anstreben".
Das unter Vermittlung von Deutschland, Frankreich und Polen ausgehandelte Übereinkommen biete dazu einen vernünftigen Weg, der von beiden politischen Lagern in der Ukraine akzeptiert worden sei.
"Die Lage ist nach wie vor kritisch", betonte Steinmeier. Europa müsse alles tun, "um zu verhindern, dass die Ukraine in Anarchie und in einen Bürgerkrieg versinkt, und es muss zugleich die nationale Einheit des Landes erhalten".
Mit Hochdruck wird etwa nach dem flüchtigen Ex-Präsidenten Wiktor Janukowitsch gefahndet. Ihm wird laut Übergangsregierung "Massenmord an unschuldigen Bürgern" vorgeworfen. Außerdem sollen schon bald Verfahren gegen die weiteren Verantwortlichen für die Gewalttaten auf dem Maidan in Kiew starten.
So hat der kommissarische Innenminister Arsen Awakow interne Ermittlungen wegen Amtsmissbrauchs gegen 30 Mitglieder seiner Behörde einleiten lassen. Dabei gehe es um deren Rolle bei den blutigen Straßenkämpfen.
EU-Finanzhilfen noch unklar
Kanzlerin Angela Merkel hatte sich am Sonntag in Telefonaten mit der freigelassenen Oppositionsführerin Julija Timoschenko und Russlands Präsident Wladimir Putin ähnlich geäußert wie jetzt Steinmeier. Merkels Sprecher Steffen Seibert betonte am Montag auch, die Tür für die - von Janukowitsch abgelehnte - Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der Europäischen Union stehe weiter offen. Deutschland unterstütze die zahlreichen Ukrainer, die für europäische Werte wie freie Meinungsäußerung gekämpft hätten.
Die Europäische Union (EU) hat noch keine genaue Vorstellung von der Finanzhilfe, die sie der Ukraine zur Abwehr eines drohenden Staatsbankrotts gewähren kann. "Im Moment ist es zu früh, um über die eine oder andere Option zu sprechen", sagte ein Sprecher der EU-Kommission am Montag in Brüssel. "Aber wir sind zur Hilfe bereit, sofern es ein Reformprogramm der neuen ukrainischen Regierung gibt."
Der Sprecher wollte auch keine Angaben darüber machen, ob die EU die Sperrung von Konten Janukowitschs beabsichtige. Diese Entscheidung werde "im Lichte der Ereignisse in der Ukraine" zu entscheiden sein.