Streit über Roma-Politik Frankreich will Ausweisung von EU-Bürgern erleichtern

Frankreichs Präsident Sarkozy: Heftiger Streit mit der EU
Foto: EMMANUEL DUNAND/ AFPParis - Nach heftiger Kritik an der Ausweisung von über 8000 Roma will Frankreich nun die Rechtsgrundlage für derartige Aktionen festigen. Künftig sollen EU-Bürger auch ausgewiesen werden können, wenn sie das dreimonatige Bleiberecht durch wiederholte Aus- und Einreise missbrauchen. Wenn EU-Ausländer das französische Sozialsystem belasten oder die öffentliche Ordnung durch Diebstahl oder aggressives Betteln stören, sollen sie ebenfalls ausgewiesen werden können. Dies steht in einem Gesetzentwurf zum Ausländerrecht, den die französische Nationalversammlung am Dienstagnachmittag debattierte.
Es wäre die fünfte Gesetzesänderung zum Thema Einwanderung innerhalb von sieben Jahren. Ursprünglich wollte Frankreich lediglich drei EU-Leitlinien in nationales Recht umsetzen. Nach einer markigen Rede von Präsident zum Thema Einwanderung und Kriminalität wurde der ursprüngliche Text jedoch deutlich verschärft. Einige Aspekte werden auch innerhalb des Regierungslagers kritisiert.
Besonders umstritten ist die Regelung, dass eingewanderten Franzosen künftig die Staatsangehörigkeit entzogen werden soll, wenn sie einen Polizisten angreifen oder töten. Nach Ansicht mancher Juristen widerspricht dies der französischen Verfassung, nach der alle Bürger ungeachtet ihrer Herkunft vor dem Gesetz gleich sind. Die Nationalversammlung wird den Gesetzentwurf aufgrund der konservativen Mehrheit für Sarkozy vermutlich verabschieden. Danach geht der Entwurf an den Senat. Auch dort sind die Vertreter des bürgerlich-rechten Regierungsbündnisses in der Mehrheit.
Ärger droht Frankreich aus Brüssel: Die EU entscheidet am Mittwoch über ein formales Verfahren gegen die Regierung Sarkozy. Die zuständige EU-Justizkommissarin Viviane Reding werde ihren Kommissionskollegen Bericht erstatten, sagte ihr Sprecher am Dienstag in Brüssel. "Das Kollegium wird dann diskutieren und entscheiden."
Wie aus der Kommission verlautet, prüft der juristische Dienst nicht nur ein Verfahren gegen Frankreich, sondern auch gegen andere EU-Mitglieder, die die EU-Richtlinie zum freien Personenverkehr nicht korrekt umgesetzt haben. Deutschland sei davon nicht betroffen. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass die Bundesrepublik in diesem Punkt EU-Recht verletze, hatte die EU-Kommission vor wenigen Tagen mitgeteilt.
In Frankreich waren seit Anfang des Jahres mehr als 8000 Roma in ihre Heimatländer Rumänien und Bulgarien abgeschoben worden. Sarkozy wurde dafür international kritisiert, in Frankreich protestierten Zehntausende gegen die Politik ihres Präsidenten. Nach Ansicht von EU-Kommissarin Reding diskriminiert Sarkozy die ethnische Minderheit der Roma und verstößt gegen europäische Grundrechte. Der Streit zwischen Paris und Brüssel hatte auf dem Gipfeltreffen der europäischen Staats- und Regierungschefs Mitte September zu einem Eklat geführt.