Streit über Uno-Resolution Assad mordet - und die Welt schaut zu

Exil-Syrer demonstrieren vor der Botschaft in Berlin: Das Regime wankt, aber es fällt nicht
Foto: Tobias Kleinschmidt/ dpaBerlin - Kaum ein Tag vergeht, an dem Syriens Herrscher Baschar al-Assad seine Truppen und Sicherheitskräfte nicht gegen Demonstranten vorschickt. Seitdem die Protestbewegung vor rund dreieinhalb Monaten erstmals auf die Straße ging, reagiert das autoritäre Regime mit brutalen Einsätzen. Menschenrechtsgruppen gehen von bislang mehr als 1200 Opfern aus. An der Grenze zur Türkei kommen immer mehr Flüchtlinge an - fast zehntausend sollen es schon sein.
Die Lage scheint nicht weniger dramatisch zu sein als in Libyen.
Doch während Frankreich, Großbritannien und die USA im Falle des Diktators Muammar al-Gaddafi nach anfänglichem Zögern militärisch eingriffen, hat sich der Westen im Falle Syriens für die Rolle des Zuschauers entschieden. Von einer militärischen Variante ist ohnehin nicht die Rede, aber selbst das Mindeste kommt in der Staatengemeinschaft nicht voran. Im Uno-Sicherheitsrat hakt es mit einer Resolution, mit der die Gewalt des Regimes verurteilt werden soll. Die gemeinsame Initiative von Frankreich, Großbritannien, Deutschland und Portugal führt zu Widerstand. Russland hat damit gedroht, sein Veto einzulegen, China hält sich bedeckt, scheint aber nach Meinung von Beobachtern in eine ähnliche Richtung gehen zu wollen.
Auch über das Pfingstwochenende wurde am Sitz der Uno in New York und in westlichen Hauptstädten versucht, in der Sache voranzukommen. Bislang ohne greifbaren Erfolg. "Es ist ein diplomatisches Sisyphos-Spiel", heißt es im Auswärtigen Amt in Berlin. Vor allem China und Russland sperren sich weiter.
Moskau ist nicht nur Waffenlieferant des Regimes in Damaskus, es hat auch massive Energieinteressen. Verträge über Erdgaslieferanlagen wurden unterzeichnet. Hinzu kommt: Die russische Regierung ist auf den Nahost-Kurs mancher westlichen Staaten ohnehin nicht gut zu sprechen. Seit Monaten sieht sie das Vorgehen der Nato in Libyen kritisch und wirft den daran beteiligten westlichen Staaten vor, mit immer schärferen militärischen Mitteln vorzugehen. Zuletzt kritisierte Moskau den Einsatz von Kampfhubschraubern und sieht darin eine Vorstufe zu einem möglichen Einsatz von Bodentruppen, der durch die Uno-Resolution zu Libyen nicht gedeckt wäre.
Washington unterstützt zwar die angestrebte Initiative der vier Europäer im Sicherheitsrat und hat im Falle Syriens die seit Jahren bestehenden eigenen Sanktionen noch einmal verschärft. So wurden Konten von Assad und sechs Mitgliedern seines Regimes eingefroren. Doch wirkt das Verhalten der Regierung von Barack Obama bislang eher halbherzig, wie anfangs in Libyen. Die militärische Sperrung des dortigen Luftkorridors war vor allem auf Druck von Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy erfolgt, mit Unterstützung der Briten, ganz zuletzt sprang Washington auf.
Immerhin: Auch die EU-Staaten haben sich zu konkreten Maßnahmen bereitgefunden. Gegen den syrischen Präsident und weitere 22 Vertreter wurden Einreiseverbote und die Sperrung von Konten verhängt.
Westerwelle für Sanktionen
Erst am Wochenende hat Außenminister Guido Westerwelle zusammen mit Entwicklungsminister Dirk Niebel (beide FDP) den Rebellenrat in Bengasi besucht und dort ein deutsches Verbindungsbüro eröffnet. Westerwelle bekräftigte anschließend noch einmal seine Haltung, politische und nicht militärische Lösungen zu suchen. "Es bleibt bei der deutschen Außenpolitik, bei der Kultur der militärischen Zurückhaltung", sagte er am Dienstag im ZDF. Ebenso wie im Falle Syrien: "Sanktionspolitik, ökonomische Isolierung des Regimes Assads, Reisebeschränkungen, Vermögenseinfrierungen, international gemeinsames Vorgehen - das ist es, was jetzt angebracht ist", so Westerwelle im ZDF.
In Berlin würde man sich die Verabschiedung der Uno-Resolution zu Syrien, die keine Sanktionen enthält, so schnell wie möglich wünschen. Doch will die Bundesregierung in New York auch keine Bauchlandung erleben. So wird denn jeden Tag die Lage in Syrien neu bewertet. Berlin setzt darauf, dass auch die bislang uneinsichtigen Länder im Sicherheitsrat ihre Haltung überdenken. Auf den richtigen Zeitpunkt komme es an, heißt es. Das schlimmste Szenario will man vermeiden: dass der Entwurf der vier europäischen Länder am Ende im Uno-Sicherheitsrat von Russland und China durch ein Veto zu Fall gebracht wird. Und daraus das Regime Assads einen Propagandaerfolg macht.